: Harte Urteile
■ Bis zu zwanzig Jahren Haft für acht vietnamesische Dissidenten
Hanoi/ Ho-Chi-Minh-Stadt (AFP/taz) – Mit aller Härte hat die vietnamesische Führung in diesen Tagen wieder gezeigt, daß sie keinesfalls bereit ist, politische Opposition im Lande zuzulassen. Am Dienstag verurteilte ein Gericht in Ho-Chi-Minh-Stadt acht Dissidenten zu hohen Freiheitsstrafen. Ihr Verbrechen: Sie hatten 1989 bis 1990 das Freiheitsforum publiziert, einen Newsletter in Form maschinengeschriebener Blätter. Im Freiheitsforum, das von Hand zu Hand weitergegeben wurde, erschienen Beiträge von Vietnamesen aus dem In- und Ausland, die politische Reformen, wie die Schaffung eines Mehrparteiensystems, forderten. Nach Informationen der Menschenrechtsorganisation Asia Watch waren diese Forderungen zwar regierungskritisch, befürworteten aber in keinem Falle einen gewaltsamen Sturz des Regimes.
Unter der Beschuldigung der „Subversion“ verurteilte ein Gericht Doan Viet Hoat, der im November 1990 festgenommen worden war, zu zwanzig Jahren Gefängnis. Nach der Version der Parteizeitung Nhan Dan vom Mittwoch habe Hoat im Juni 1989 in Ho-Chi-Minh-Stadt (Saigon) eine „reaktionäre Organisation“ gegründet. Ziel der Gruppe mit dem Namen Freiheitsforum sei es gewesen, „das Parlament und die Armee aufzulösen sowie die Verfassung und die Volksherrschaft abzuschaffen“, schrieb die Zeitung. Hoat hat fünfzehn der letzten achtzehn Jahre in Gefängnissen und Lagern verbracht. Nach Informationen von Asia Watch war er in seiner Studentenzeit Mitglied der Buddhistischen Studentenvereinigung in Südvietnam, die die Proteste gegen die Regierung Diem anführte. Nach seiner Promotion in den USA leitete er bis 1975 die buddhistischen Van-Hanh-Universität im damaligen Saigon. 1976 wurde er während der Kampagne zur „Umerziehung“ Intellektueller festgenommen und – ohne Anklage – bis 1988 im Chi-Hoa-Gefängnis der Stadt inhaftiert. Vor seiner jüngsten Verhaftung hatte er einen Ausreiseantrag in die USA gestellt. Weitere Mitglieder der Gruppe erhielten Nhan Dan zufolge Strafen zwischen acht Monaten und sechzehn Jahren.
Die Urteile kommen zu einer Zeit, da Hanoi sich recht erfolgreich im Ausland um Investitionen und um politische Aufwertung bemüht. Am morgigen Freitag besucht Bundesaußenminister Klaus Kinkel Vietnam. Zur Sprache kommen wird dann auch die Frage der Rückkehr von Vietnamesen, die sich in der Bundesrepublik aufhalten. Angesichts der anhaltenden politischen Repression in Vietnam wird er kaum ernstzunehmende Garantien für die Sicherheit der Rückkehrenden vor politischer Verfolgung erhalten. li
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