: Arbeitsgericht bremst Opel aus
■ Einsatz von Fremdfirmen bedarf Zustimmung des Betriebsrates
Bochum (taz) – Der Automobilkonzern Opel darf in seinem Bochumer Werk Fremdfirmen im unmittelbaren Produktionsbereich nur mit Zustimmung des Opel- Betriebsrates einsetzen. Ein entsprechendes Urteil fällte die 2. Kammer der Bochumer Arbeitsgerichts am Dienstag dieser Woche. Sollte dieses Urteil bei den Obergerichten Bestand haben, würde damit die Umsetzung der Rationalisierungsstrategie in der deutschen Automobilindustrie zumindest erheblich erschwert.
Alle Autokonzerne sind derzeit dabei, ihre Stammbelegschaften nach japanischem und amerikanischem Muster zu reduzieren, indem immer mehr Produktionsvorgänge an Fremdfirmen vergeben werden. Unter der Überschrift lean production (schlanke Produktion) sorgt diese neuerliche Rationalisierungsoffensive seit einiger Zeit für Schlagzeilen.
Das Bochumer Arbeitsgericht hatte jetzt über den Fremdfirmeneinsatz im Versandbereich zu entscheiden. Seit Juni 1992 erledigen rund 30 Mitarbeiter der Firma H.&H. Industrieservice GmbH den Leergutversand innerhalb des Opel-Werkes. Weitere 60 Opelarbeiter, die für den Versand von Getrieben und Motoren zuständig sind, sollten nach den Vorstellungen des Opel-Managements ohne Einschaltung des Betriebsrates durch die Angestellten der Fremdfirma ersetzt werden. Dagegen hat der Opel-Betriebsrat, der dadurch seine Mitbestimmungsrechte bei Neueinstellungen verletzt sah, geklagt.
Im Ergebnis folgte das Arbeitsgericht der Argumentation der Arbeitnehmervertreter. Wenn Fremdfirmen für sehr eng mit der eigentlichen Produktion verknüpfte Tätigkeiten eingesetzt würden, sei der Betriebsrat zu hören, entschied das Gericht. Die Einstellungen der Fremdfirma seien deshalb aufzuheben. Nach diesem Urteil, so glaubt Wolfgang Schaumberg, im Opel-Betriebsrat Vorsitzender der Kündigungskommission, werde es für das Management künftig „ein ganzes Stück schwieriger, Neueinstellungen gegen den Betriebsrat durchzusetzen“. Beim Betriebsrat wertet man das Urteil, gegen das die Opel-Geschäftsführung schon Beschwerde eingelegt hat, als kleine aber wichtige Hilfe, um den Angriff auf das Lohnniveau und die gewerkschaftlichen Strukturen in Großbetrieben schlechthin abzuwehren. Während die Opel-Arbeiter im Leergutversand brutto 4.000 Mark verdienten, bekommen die bei der Fremdfirma Beschäftigten für die gleiche Arbeit nur 2.800 Mark.
Schon 1990 hatte das Opel-Management in Bochum die gesamte Polsterei ausgelagert – damals noch mit Zustimmung des Betriebsrates – und dadurch 600 Arbeitsplätze abgebaut. Die Opel- Sitze werden seither von einer Tochterfirma des amerikanischen Automobilherstellers General Motors, acht Kilometer entfernt vom Opel-Stammwerk, hergestellt und fließbandgerecht den ganzen Tag über herangekarrt. Die bei dem Zulieferer Beschäftigten verdienen pro Stunde rund 10 Mark weniger als die einstigen Opel-Polsterer. Nach den Vorstellungen des neuen Vorstandsvorsitzenden der Adam Opel AG, David J. Herman, soll das Auslagerungsprogramm noch wesentlich verschärft werden: die Fremdfirmen sollen die Komponenten auch gleich mit ihren wesentlich geringer entlohnten Leuten am Band ins Auto einbauen. Walter Jakobs
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