: Viele sind nicht gut im Bilde
■ Bildschirm-Arbeitsplatz: Der Trend zur Farbe schafft neue Probleme
Bei Computer-Bildschirmen hat sich das angebotenen Programm verblüffend schnell geändert. Vor vier Jahren, als die Zeitschrift Öko-Test Monitore untersuchen ließ, waren strahlungsarme Geräte eine teure Rarität. Doch heute wirbt jeder Discounter damit. Der sogenannte MPR II-Standard des schwedischen Strahlenschutz-Instituts hat sich durchgesetzt.
Viele Firmen achten inzwischen darauf, ihren MitarbeiterInnen strahlungsarme Bildschirme hinzustellen. Um dabei offensichtlich auftretende Nachteile kümmern sie sich allerdings weniger.
Zum Beispiel Flimmerfreiheit: Von Fachleuten wird verlangt, daß der Monitor mindestens 70mal in der Sekunde ein neues Bild „aufbaut“, wie es in der Fachsprache heißt — erst dann verschmelzen die Einzeleindrücke zu einem stabilen Bild.
Manchen Leuten flimmert es aber auch bei 70 Hertz noch vor den Augen, sie brauchen 90 Hertz oder mehr. Billigbildschirme schaffen das nicht. Mit einem Trick kommen die Anbieter auf dem Papier trotzdem zu einer hohen Frequenz: Sie präsentieren nur halbe Bilder, immer abwechselnd eines aus den geraden Bildschirmzellen (zweite, vierte und so weiter) und eines aus den ungeraden. Jedes Halbbild wird extra gezählt, und schon leistet das Gerät im Propekt 80 Hertz statt 40, was die korrekte Angabe wäre. Im Fachjargon heißt das „interlaced“, zwei Bilder werden ineinander verwoben. Das Auge läßt sich dadurch allerdings nicht überlisten, das Bild flimmert trotzdem.
Auch bei der sogenannten Auflösung rechnen die Verkäufer fest mit der Ahnungslosigkeit ihrer Kunden. Ein Monitorbild setzt sich — wie jede Mattscheiben- Darstellung — aus einzeln kaum sichtbaren Punkten zusammen. Je mehr Punkte, desto besser das Bild, suggerieren die Hersteller und werben mit Angaben wie 1024 mal 768. Das heißt: Das Bild besteht aus 768 Zeilen, von denen jede aus 1024 Punkten gebildet wird. Theoretisch ist ein Bild aus mehr Punkten schärfer. Praktisch reicht auf einem Schirm der üblichen Größe (14 Zoll Diagonale) der Kontrast aber nicht mehr aus und die Augen werden noch stärker belastet. Mehr als 800 Zeilen mal 600 Punkte ist daher gar nicht sinnvoll.
Immer mehr Leute wollen Farbe in ihre Schreibstube bringen und schaffen sich einen Color-Monitor an. Viele Experten sehen bei diesem Trend schwarz. Farbgeräte liefern ein weniger scharfes Bild als schwarzweiße, weil bei ihnen jeder Punkt wiederum aus drei verschiedenen Farbpunkten zusammengesetzt wird.
Obendrein bieten die Programme Farbkombinationen, „da kann man normalerweise die Hände über dem Kopf zusammenschlagen“, schimpft Peter Schäfer, Bildschirmexperte der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft.
Jochen Paulus
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