: CDU beschließt ersten Kampfeinsatz seit 1945
■ FDP und SPD klagen in Karlsruhe
Bonn (ap/taz) – In einer Sondersitzung unter Leitung von Bundeskanzler Helmut Kohl hat das Kabinett am Freitag die Beteiligung deutscher Offiziere an der militärischen Durchsetzung des Flugverbotes über Bosnien beschlossen. Die Entscheidung fiel erwartungsgemäß gegen die Stimmen des Koalitionspartners FDP, der ebenso wie die SPD-Opposition gegen die Entscheidung Verfassungsklage erheben und eine einstweilige Anordnung beantragen will.
Erstmals in der Nachkriegsgeschichte sollen nach diesem Beschluß deutsche Soldaten wieder kämpfen, noch dazu außerhalb des Nato-Vertragsgebietes. Die Bundesregierung äußerte durch ihren Sprecher Dieter Vogel bei der Bekanntgabe der Entscheidung den „dringenden Wunsch“, daß die Karlsruher Richter so schnell wie möglich über die Klage entscheiden, noch bevor die Awacs-Aufklärer der Nato in Aktion treten. Anderenfalls – auf diese Position von Bundesaußenminister Klaus Kinkel machte dessen Sprecher Rainer Müller noch einmal aufmerksam – müßten die Bundeswehr-Soldaten die Aufklärer vor dem Einsatz verlassen. Unterdessen sicherte das Bundesverfassungsgericht zu, die Klagen umgehend prüfen.
Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Hans-Ulrich Klose, sagte, seine Partei werde beim Bundesverfassungsgericht eine einstweilige Anordnung beantragen, weil Kampfeinsätze der Bundeswehr außerhalb des Nato-Gebietes verfassungsrechtlich nicht gedeckt seien. SPD- Mann Hans Wallow erklärte Helmut Kohl sogar zum „ersten Kriegskanzler der Bundesrepublik Deutschland“.
Die Grünen erklärten das Vorgehen zu einem Komplott gegen einen Verfassungsartikel. „So macht man die Demokratie kaputt“, erklärte ihr Sprecher Ludger Volmer. Seite 2
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen