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Ätzende Wolke von Hoechst

■ Wieder Störfall bei Frankfurter Chemiewerk 8 Tonnen ätzende Schwefelverbindung entwichen

Berlin (taz/AP) – Bei einem erneuten Giftunfall im Stammwerk der Hoechst AG in Frankfurt sind gestern nachmittag mindestens acht Tonnen extrem ätzender Schwefelsäureverbindungen freigesetzt worden. Dies bestätigte Unternehmenssprecher Gilbert Billeb der taz. Bei dem ausgetretenen Stoff handle es sich um Oleum, eine „ganz besonders konzentrierte Form der Schwefelsäure“. Aus dem flüssigen Oleum sei dann das Gas Schwefeltrioxid verdampft und habe als Wolke das Werksgelände Richtung Süden verlassen. Ob Menschen verletzt wurden, war bis zum Redaktionsschluß nicht bekannt.

Gegen 14.14 Uhr meldete Hoechst den Störfall an die Feuerwehr. Offenbar war im Norden des Hoechst-Stammwerkes eine Rohrleitung für das Oleum geplatzt. Kurz darauf stellten die Mitarbeiter von Hoechst auch eine Giftwolke außerhalb des Werkes fest.

Das Loch habe zunächst nicht geschlossen werden können, so Sprecher Billeb. „Die Kollegen haben erst Schutzkleidung besorgen müssen, dann erst konnten die entsprechenden Schieber geschlossen werden. Das dauert einige Minuten“, so Billeb.

Der Giftaustritt konnte nach Angaben der Feuerwehr erst um 15.31 Uhr unter Kontrolle gebracht werden. Vor Ort eilten auch der Frankfurter Umweltdezernent Tom Koenigs und der Leiter des Ministerbüros von Umweltminister Joschka Fischer.

Polizeisprecher Manfred Feist teilte mit, daß die Schwefelsäure-Wolke über den Stadtteil Schwanheim in Richtung Flughafen gezogen sei. Die Bevölkerung wurde von der Werksleitung und der Feuerwehr angewiesen, Fenster und Türen zu schließen und sich im Inneren der Häuser aufzuhalten. Ein Firmensprecher berichtete gegen 16.15, nach seinen Informationen sei die Giftwolke inzwischen mit Wasser niedergeschlagen worden. Die Bevölkerung Schwanheims, Kelsterbachs und des Flughafengebiets werde dennoch weiter aufgefordert, Fenster und Türen geschlossen zu halten. Kinder sollten vorerst nicht im Freien spielen. Der Sprecher betonte, daß der Kontakt mit dem Stoff unbedingt vermieden werden müsse, da er zu schweren Verätzungen und schwer heilenden Verbrennungen führen könne. Es müsse jetzt auch verhindert werden, daß der Oleum-Niederschlag in den Main gelange.

Ernst Achilles, als früherer Feuerwehrchef von Frankfurt mit den Problemen bei Hoechst vertraut, sagte der taz in einer ersten Einschätzung, der Austritt des Oleums sei „nicht ungefährlich“. Man müsse die Gaswolke genauso betrachten wie Schwefelsäure. Das Gas werde als Atemgift eingestuft. Ein Sprecher der Feuerwehr teilte mit, im Frankfurter Stadtteil Schwanheim hätten sich Bürger über Geruchsbelästigung beschwert. Die Feuerwehr habe mehrere Meßfahrzeuge eingesetzt, um sich ein Bild über den Umfang der ausgetretenen Stoffe zu verschaffen.

Auf der windabgewandten Seite, im Norden und Osten des Werkes und im Stadtteil Höchst, war gestern nachmittag von dem Störfall nichts zu bemerken. Der Verkehr pulste normal, die Kinder spielten im Freien, und Hoechst-Beschäftigte eilten nach dem Schichtwechsel nach Hause. „Das einzige, was hier stinkt, sind derzeit die Autos“, berichtete unsere Korrespondentin. ten

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