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Rory Mc Leod

Travelling Home

(Cooking Vinyl CD 048)

Alexis Korner, der viel zu früh verstorbene Doyen der englischen Blues-Szene, zählte Anfang der achtziger Jahre zu seinen größten Förderern. In den Radiosendungen für die BBC, in denen er „Roots Music“ aus der ganzen Welt vorstellte, spielte er Rory McLeod ungeniert neben Giganten wie John Lee Hooker, King Curtis und Hugh Masekela. Das ist um so bemerkenswerter, als McLeod zu diesem Zeitpunkt kaum mehr war als ein „Busker“ aus Yorkshire. Als reisendes Ein- Mann-Orchester zog er mit einem Sack voller Instrumente in der Welt herum, sang zur Gitarre, blies auf Mundharmonika, Flöte und Posaune, trommelte auf zwei Löffeln und trieb seinen Schabernack mit dem Publikum, um ihm ein paar Groschen aus der Tasche zu locken. Seither sind zehn Jahre vergangen, und man merkt Rory McLeod den Entwicklungsschritt an. Nicht daß er sein Nomadenleben aufgegeben hätte – im Gegenteil. Da ein Straßenmusiker wie ein Schwamm funktioniert, der überall, wo er sich gerade aufhält, die einheimische Musik aufsaugt und in sein Repertoire integriert, hört man seiner neusten Platte ungefähr an, in welchen Ländern und Kontinenten er sich in letzter Zeit am ausgiebigsten herumgetrieben hat. Wenn man zwei, drei Songs ausklammert, könnte man die Platte als eine Reise zu den Wurzeln des Blues auffassen. Der amerikanische Südstaaten-Einfluß ist durch Slide-Gitarre, Banjo und Blues Harp auf manchen Songs vorherrschend, andere Titel wiegen sich gemächlich im Calypso- Rhythmus aus Trinidad, während wiederum andere mit Marimba und Djembe-Trommel Anleihen bei der (Pop-)Musik Westafrikas machen, von wo damals die überwiegende Mehrzahl der Sklaven verschleppt wurde. Mit einem Dutzend Mitmusikern fabriziert McLeod Lieder von unverkünstelter Musikalität und lockerem Drive. Das unbeschwerte Feeling erinnert streckenweise an die wunderbare Musik von Taj Mahal, die dieser in den Siebzigern machte, als er das karibische Bindeglied des Blues nach Afrika entdeckte.

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