Letzte Hürde für Bündnis 90/Grüne

■ Urabstimmung über die Parteifusion vor der Auszählung

Berlin (taz) – Bangen vor der Stimmauszählung: Am kommenden Montag werden das Bündnis 90 in Berlin und Die Grünen in Bonn das Votum ihrer Mitglieder zur Vereinigung der beiden Parteien zählen und bekanntgeben. Was bislang eher als Formsache gehandelt wurde, gewinnt durch die geringe Beteiligung an der Urabstimmung noch einmal an Brisanz. Von den 37.000 Grünen haben 49,1 Prozent ihr Votum abgegeben. Beim Bündnis 90 waren es Mitte März, 14 Tage vor der Abstimmungsfrist, erst 38 Prozent der 2.700 zahlenden Mitglieder. Zwar gibt es kein Mindestquorum für die Gültigkeit der Abstimmung; doch bliebe auch beim Bündnis die Wahlbeteiligung unter 50 Prozent, ließe sich daraus entweder auf das eher geringe Interesse an der Parteifusion oder – was wahrscheinlicher ist – auf die allgemeine Einschätzung der Mitgliederschaft schließen, wonach die Vereinigung längst unter Dach und Fach erscheint.

Dem ist nicht so. Während sich die Grünen auf Drängen des Bündnisses zu einer Urabstimmung entschlossen hatten, die satzungsmäßig gar nicht vorgeschrieben war, ist für das Bündnis das Votum zwingend, weil das juristische Procedere der Fusion die Auflösung der Bürgerbewegung voraussetzt, die nur von den Mitgliedern direkt beschlossen werden kann. Bei den Grünen genügt die einfache Mehrheit, bei dem Bündnis müssen jedoch mindestens zwei Drittel der Mitglieder der Vereinigung zustimmen, die bereits von den beiden Parteitagen im Januar in Hannover beschlossen worden war. Wenn vor allem die Vereinigungskritiker ihre Stimme abgegeben haben, wird es am kommenden Montag knapp. Eine Sonderrolle spielt der brandenburgische Landesverband. Dort wird bereits am kommenden Donnerstag das Ergebnis einer eigenen Urabstimmung bekanntgegeben, in der die Mitglieder über den Verbleib des Landesverbandes in der Bundesorganisation entscheiden. Im Dezember hatte sich die Landesdelegiertenkonferenz gegen eine Vereinigung mit den Grünen ausgesprochen. Auch für die Sezession und die Neukonstituierung als Regionalpartei ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig. Denkbar ist, daß zwar die Mehrheit der Brandenburger für den eigenen Weg votiert, daß aber die 66-Prozent-Marge nicht erreicht wird. Dann vereinigen sich auch die Brandenburger – vorausgesetzt, die Zwei-Drittel-Mehrheit auf Bundesebene kommt zustande. eis