■ Das Portrait
: Horst Niggemeier

Die gute Nachricht über Horst Niggemeier vorweg: sein steiler Abstieg ist längst im Gang. Ein politisches Fossil mit Sitz und Stimme im Deutschen Bundestag, Inbegriff jenes SPD-Flügels, dessen politische Phantasie sich in glühendem Antikommunismus, Berufsverboten, Wachstums- und AKW-Fetischismus erschöpfte. Grübelt man über die Funktion, die einer wie er für die SPD heute noch erfüllen könnte, fällt einem nichts mehr ein; nur die milde Erleichterung: Niggemeier läßt ahnen, daß alles viel schlimmer hätte kommen können. Er versöhnt uns mit der Toskana- SPD.

hier Foto Nr. 26

Foto: Netzhaut

Die Partei kostet das ja nicht viel. Hin und wieder ein Hinweis, daß der Abgeordnete Niggemeier nur seine persönliche Meinung kundgetan hat, gestern beispielsweise, als er die Herstellung einer „Verfassungslage“ einforderte, die es erlaubt, deutsche Kampfflugzeuge nach Jugoslawien zu schicken.

Auch wenn er sich für out of area interessiert, Horst Niggemeier kommt aus der Provinz. Als Bürgermeister von Datteln (NRW), wo er die Ratsmitglieder einmal im Jahr zur Sitzung in der örtlichen Kaserne antreten ließ, diente er 24 Jahre. 1985 verlor er seinen Sitz im SPD- Landesvorstand, 87 fiel er als Chef des mitgliederstarken SPD-Unterbezirkes Recklinghausen einer Revolte der Basis zum Opfer. Fast zwei Jahrzehnte war er Pressesprecher der IG Bergbau und Energie.

Beim Aufspüren kommunistischer Verschwörungen war Niggemeier immer vornweg. Die Entlarvung einer Dattelner Erzieherin als DKP-Mitglied gehört zu den schönsten Erfolgen seiner Laufbahn. Linke erinnern ihn an „Natterngezücht und Schleimscheißer“, Grüne gelten als „Ajatollahs“, die mit ihrer Anti-Atom-Politik gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmer in die Arbeitslosigkeit drängen. Erfrischend auch die Kritik an der eigenen Partei. Besonders ihre fehlende Haltung bei Militär- und Außenpolitik gehen ihm zunehmend auf die Nerven: „Bestimmte Sozialdemokraten singen auf dem Klo die Internationale, und wenn sie rauskommen, treiben sie Provinzpolitik.“ – Parteiausschluß ist heute ja irgendwie out. Den Luftwaffenmajor der Reserve im Kampfflugzeug nach Jugoslawien schicken, geht auch nicht – wg. „Verfassungslage“. Vielleicht sperrt ihn ja doch noch mal jemand im Klo ein. eis