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Blasse Aids-Erzählung

■ Premiere von Kurzer Kontakt im Theaterschiff am Mäuseturm

im Theaterschiff am Mäuseturm

„'Faß mich besser nicht an', sagte er. Dabei hätte er Zärtlichkeit so nötig gehabt.“ Arno hat Aids, doch Lena schlägt seine Warnung in den Wind. Sie küßt ihn sogar, während sie ihm in seinen letzten Lebenstagen zur Seite steht. Der Einakter Kurzer Kontakt greift die Aids-Thematik aus ungewöhnlicher Sichtweise auf. Denn Stefan Karthaus Stück erzählt nicht die übliche Geschichte eines schwulen Schicksals, sondern die einer Frau, und auch anders als sonst, steht kein Erkrankter im Mittelpunkt, sondern Lena, eine ehrenamtliche Mitarbeiterin der Aids-Hilfe.

Lena erzählt über ihr eigenes Leben, ihre Aids-Ängste und ihr Verhältnis zum Tod. Sie ist eine Durchschnittsfrau, ziemlich blaß gezeichnet. Sie reißt zwar viele Dinge an, führt ihre Gedanken aber nicht zu Ende. Der Kontakt zu Kranken ist dabei nur ein Aspekt. Lena arbeitet ihre eigenen Aids- Ängste auf, ihre sexuellen Wünsche und die Motive ihrer ehrenamtlichen Arbeit. Zur Mitarbeit ist sie aus allgemeiner Betroffenheit heraus gekommen. Schwule hat sie bis dahin nicht gekannt, fühlt sich aber schnell unter ihnen wohl. Und die sind besonders froh darüber, von einer Frau gepflegt zu werden. Schließlich – eines von mehreren verwendeten Klischees – ersparen sie sich dabei so die sonst immer drohenden Beziehungskonflikte.

Leider hat Katharina Butting Mühe, die Distanz zu den Zuschauern zu überwinden, was gerade bei einem Ein-Personen-Stück fatal ist. Ihr Monolog wirkt abgespult, der aufgegriffene Handlungsfaden reißt immer wieder. Erst zur Halbzeit findet sie in ihre Rolle. Hier beginnt auch der inhaltlich interessanteste Part, denn erst jetzt rückt der Kontakt zu Aids-Kranken ins Zentrum der Erzählung. Lenas Gefühle und Ängste bekommen damit ein Gesicht. Butting erleidet jetzt ihre Figur und Spannung entsteht. Nun möchte man mehr erfahren, aber mit Arnos Tod endet das Stück. Der interessante Einblick in Lenas Innenleben bleibt ein allzu kurzer Kontakt. Werner Hinzpeter

Weitere Aufführung: 28. 4., 20 Uhr

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