piwik no script img

Gesetzeswald

Die Studierenden sind verirrt und ohne politischen Freiraum  ■ Kommentar

Students can't jump. Studis bringen's nicht, urteilen Studentenvertreter. Die wenigen Unentwegten, die sich in der akademischen Selbstverwaltung aufreiben. Das Urteil trifft „die Studierenden“. Eine unscheinbare Population. Widerspruchslos läßt sie sich in überfüllte Hörsäle quetschen – die graue Masse? Die Ruhe unter den Studierenden ist augenfällig. Selbst gegen Studiengebühren gehen nur ein paar tausend auf die Straße, ein Promill der Eingeschriebenen.

Die Studis sind Lahmärsche, aber wer kann's ihnen verdenken? Demokratie muß an den Hochschulen in tiefer Finsternis getrieben werden. In einem dunklen deutschen Wald von Gesetzen und Vorschriften, in den sich die StudentInnen nur ungern hineintrauen. Bis in die ständig aufgeforsteten Uni-Satzungen und Landeshochschulgesetze kann man folgen. Unterm Hochschulrahmengesetz wird's schattig. Und über allem schwebt die dunkle Wolke eines Verfassungsgerichtsurteils mit der Quintessenz allen diesen „Rechts“: Den Professoren garantieren wir die Mehrheit. Ihr, Studenten, habt nichts zu sagen!

Eine frustrierende Erkenntnis: unmündig sein zu müssen auf einem Weg, der doch in aufgeklärte Mündigkeit führen soll. Wer die akademisch zu Weihenden dermaßen schuriegelt, kann ihnen auch ansonsten alles erzählen. Der Medizinstudent lernt bereitwillig sogar Telefonbücher auswendig. Außer einer lachen alle Disziplinen über den lustigen Witz. Er trifft die Sache auch auf eine makabre Weise: Der Arzt symbolisiert(e) geradezu die Verantwortung, die der Wissende und die Wissenschaft tragen. An deutschen Hochschulen schluckt er bittere Pillen in multiple choice – und weiß als Doktor nicht: wie mit den Kranken sprechen?

Studien- und Uni-Reformen stehen unzweifelhaft bevor. Sie werden – wie es aussieht – den Studierenden politische Freiräume endgültig verstellen. Dekane sollen zu kleinen Ordinarien aufgewertet werden. Der Staat will direkt in Prüfungs- und Studienordnungen eingreifen, um das Studium zu straffen. Manchmal fragt man sich, ob die Herrschenden die Lust an der Demokratie mutwillig vermiesen wollen. Christian Füller

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen