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Schön wie damals Fury

■ „Fury in the slaughterhouse“ in der Oldenburger Messehalle

Wenn in den Kinderzimmern der Republik über „Fury“ gesprochen wird, dann ist, das wissen aufmerksame Eltern, schon lange nicht mehr von einem überalterten Fernsehgaul die Rede. „Fury“, das sind vielmehr sechs jugendlich wirkende nice-guys aus Hannover, sie machen laute Musik und geben sich nett und lustig und haben es geschafft, mit zielstrebiger, professioneller Vermarktung einen für deutsche Rockbands beispiellosen Boom um sich herum auszulösen - vor allem bei den ganz Jungen, die den Sprung vom Kinderfernsehen zur Rockmusik gerade erst vollzogen haben. Sie finden mit Fury den Einstieg, den ersten Kult: vom Pogo bis zum Feuerzeug, vom Tourdaten-T-Shirt bis zum Riesenposter, von der inbrünstigen Identifikation bis zur hochnäsigen Ablehnung - „Fury“ ist derzeit die ganzheitliche Übungsnummer zum Einschleifen der Rituale der Rockszene. Netterweise erwies sich der Kongreßsaal in OLB als ausgesprochen elternfreundlich: Die Rundum-Empore ermöglichte den paar Dutzend Älteren distanziert-gütigen Ausblick auf die im Saal tobenden Kids. Und das hatte schon was, denn wer flippt schöner und heftiger aus als die Fury-Fans? Lange nicht mehr sah ich einen so brodelnd überkochenden Saal, aus dem die zusammengeklappten Mädels reihenweise abgeschleppt wurden. Sänger Kai rief zur Zurückhaltung beim Vorwärts-Pogo auf und kippte Wasser in die vorderen Reihen. So füllte sich dann ab der Halbzeit das Treppenhaus mit pudelnassen, total erschöpften und blaßnasigen Fünfzehnjährigen.

Die Musik? Auch den Eltern im Saal wirds nicht gerade die Ohrmuscheln verbogen haben, man mag das schön oder schrecklich finden. Denn F.i.t.s. stehen für eine Sammlung überaus geschmackvoller Popversatzstückchen mit Hang zur Hymne, und darunter befinden sich zweifellos einige der besten in Deutschland entstandenen Popsongs der letzten Jahre. Sie bringen sie live mit der angemessenen Dosis Emphase und einer wuseligen, publikumsnahen Choreographie, die mit angenehm wenig ausgelutschten Posen auskommt. Die Ausstattung entspricht dem international Üblichen, und ihr eigenes, kleines Ritual haben sie auch schon: Wenn sie nach „Won‘t Forget These Days“ die Bühne verlassen, ersingt sich der Saal minutenlang die Zugabe, bis die Jungs rauskommen und den Refrain wieder aufgreifen. Wenn das nicht schön ist. rak

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