: Ostelbische Autonome zündeten Grundbücher an
■ Bekennerschreiben zum Anschlag in Barby
Berlin (taz) – Der Brandanschlag auf das Grundbucharchiv am vergangenen Sonntag in Barby geht auf das Konto einer „ostelbischen autonomen Gruppe“. Das geht aus einem Bekennerschreiben hervor, das gestern der taz mit der Post zuging. In dem zweiseitigen, am Montag in Leipzig aufgegebenen Papier heißt es: „Durch die Grundbüchervernichtung versuchen wir das weitere Rollback, der weiteren Vermögensumverteilung zugunsten der wenigen Reichen endlich noch einen Riegel vorzuschieben.“ Als Motiv für den Anschlag gibt die autonome Gruppe an, daß mittels der in Barby lagernden Akten auch Enteignungen rückgängig gemacht werden, die zwischen 1945 und 1949 von den sowjetischen Behörden durchgeführt wurden. Die Enteignung „mehrerer Millionen Hektar Junkerland und Großgrundbesitz“ habe sich aber „gegen wesentliche Stützen des Nationalsozialismus in Deutschland“ gerichtet. Die Regelungen im Einigungsvertrag, wonach dieser enteignete Grundbesitz bei Bund und Ländern verbleiben sollte, würden jetzt unterlaufen. Durch ein „Junkerförderungsprogramm, bei dem die Treuhand die Richtlinien festgelegt“ habe, werde nun der ostelbische Adel bevorzugt. „Wenn die ehemaligen Junker oder ihre Nachkommen bis zu 160 Hektar Land wiederbewirtschaften wollen, dann erhalten sie ein Vorkaufsrecht.“ Die noch vorhandenen landwirtschaftlichen Produktionsgemeinschaften und die BäuerInnen, die das Land heute bewirtschafteten, hätten das Nachsehen. Weiter heißt es in dem Schreiben: „daß heute, statt den Opfern, das Land wieder Junkern und Nazis zugestanden wird, rechtfertigt den Versuch, das Schloß samt allen Grundbüchern niederzubrennen, auch wenn sich das ungünstig für einzelne auswirken könnte“.
Bei dem Anschlag am Sonntag wurden nach vorläufigen Schätzungen drei Prozent der Akten durch Feuer und Löschwasser beschädigt. Dadurch wird aber nach Einschätzung des Justizministeriums die Regelung offener Vermögensfragen nicht wesentlich behindert. Die rund 400 Meter Akten, die bei dem Feuer angesengt wurden, sollen jetzt auf Mikrofilm kopiert und dem Archiv wieder zur Verfügung gestellt werden. wg Seite 10
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