Workshop Nr. 20: Die TeilnehmerInnen

Aus vielen interessanten BewerberInnen, haben wir 20 für den nächsten taz Panter Workshop ausgewählt.

Bild: Anja Weber

Seit 2009 veranstaltet die taz.Panter Stiftung zweimal jährlich einen Workshop für NachwuchsjournalistInnen. Unter vielen interessanten Bewerbungen haben wir 20 TeilnehmerInnen ausgewählt, die wir für vier Tage in die taz einladen, um hier mit ihnen eine eigene Ausgabe zum diesjährigen Thema "Lesen" zu erstellen. Dabei wird ihnen ein Redaktionsteam zur Seite stehen.

Bei der Auswahl der TeilnehmerInnen wird darauf geachtet, dass eine interdisziplinäre Gruppe mit unterschiedlichen Vorkenntnissen im Journalismus entsteht. JedeR kann sich bewerben. Die je zehn Frauen und Männer pro Workshoptermin sind zwischen 18 und 28 Jahre alt und kommen aus allen Regionen Deutschlands und aus dem Ausland.

Max Perseke

#1 Maximilian Perseke 27, verbrachte private und berufliche Stationen in Franken (Geburt + Sozialisation I), Schwaben (Rhetorik-Studium, dann Orientalistik), Fatih (Erasmus-Jahr + Sozialisation II) und Hessen (journalistische Hospitanz). Nun freut er sich, endlich mal in eine weniger prüde Gegend zu kommen – Berlin. Und dann noch die taz.

Der Mensch mit Lesekompetenz: eine Leseratte. Der Mensch ohne nur eine Ratte? Verführbar, wie vom Rattenfänger von Hameln. Lesen: ein Menschenrecht. Politische Selbstbestimmung. Kultureller Diskurs. Ökonomische Überlebensfähigkeit allemal. Nur durch Lesen.

Sophie Rentschler

#2 Sophie Rentschler 20, nachdem ich nach dem Abi zahlreiche Praktika à la „Generation Praktikum“ abgeschlossen hatte, entschied ich mich gegen all die Dinge, die ich kennengelernt hatte. Nun studiere ich im wunderschönen Potsdam am hässlichsten der drei Campus Computerlinguistik. Aufgewachsen in der Quadratestadt Mannheim, vermisse ich manchmal das Multikultigefühl. Aber Berlin ist ja nicht weit!

Lesen ist gefährlich. Sogar so gefährlich, dass es nicht einmal ausreicht, Lesen zu verbieten. Man muss erst verbrennen, was ungelesen bleiben soll. Aber das glauben nur die, die nicht verstehen, was sie lesen.

Max Schmidt

#3 Max Schmidt 20, vegetierte 18 Jahre lang in einem mittelsächsischen Gerade-noch-so-Städtchen, bevor es ihn für ein FSJ-Politik in die PEGIDA-Hochburg an der Elbe verschlug. Im Innenministerium kämpfte er sich durch Aktenberge und Stimmungstiefs, lernte die Praxis der Bürokratie kennen. Der Theorie widmet er sich nun in seinem Weber-lastigen Studium der Soziologie in Leipzig.

Lesen: Tätigkeit. Verschlingen: Passion. Propagiert einer, in dessen Elternhaus Landwirtschaftsbücher Standardlektüre waren. Fremde Welten, wilde Gedankenranken und intellektuelle Ideenergüsse – Lesen formt, konformt aber nicht. Siehe Lesestadt Leipzig.

Anselm Schindler

#4 Anselm Schindler 25. Seit einigen Jahren recherchiere und schreibe ich für regionale und überregionale Medien. Aufgewachsen bin ich im bayerischen Hinterland. Dort, wo die Grenzen dessen, was gemacht oder gesagt werden darf, eng abgesteckt sind. Vielleicht war es diese Enge, wegen der ich mich für das "Andere" zu interessieren begann, für politische Alternativen, für andere Kulturen und Regionen.

Zum Lesen: Das Geschriebene konserviert die Wünsche, Ideen und Erkenntnisse von Menschen. Zu lesen bedeutet, sich diesen Menschen anzunähern, selbst wenn sie tot oder weit weg sind. Teilzuhaben an ihren Gedanken.

Lea Diehl

#5 Lea Diehl 23, lebt in Marburg. Sie studiert Europäische Ethnologie und Philosophie im Master und arbeitet in Marburgs schönster Buchhandlung. Neben dem Lesen schreibt sie selbst passioniert, hin und wieder auch für Zeitungen. Etwa über das Engagement von indischen Frauen, das sie seit ihrem Freiwilligendienst unterstützt.

Lesen kann heilsam oder gefährlich sein, erhellen oder frustrieren – und kratzt dabei immer an einer Grenze zwischen Fiktion und Wirklichkeit. Gerade für Zeitungslesende bleibt zu hoffen, dass sie diese Grenze im Auge behalten.

#6 Stefan Steins 26, hat Betriebswirtschaft und Philosophie studiert und ist derzeit Doktorand am Lehrstuhl für Logik und Sprachphilosophie an der HU Berlin.

„Lesen ist ein bloßes Surrogat des eigenen Denkens“, hab ich mal irgendwo gelesen.

Annika Möller Bild: Andi Weiland

#7 Mein Name ist Annika Möller ich bin 26 Jahre alt und bin in Berlin geboren, aufgewachsen und habe hier auch "was mit Medien" studiert. Mein Rollstuhl und ich sind beste Freunde. Ab März arbeite ich in der Pressestelle des Bezirksamts Lichtenberg und freue mich schon darauf. Ich träume davon für eine längere Zeit in einer anderen Stadt zu leben.

Ich lese sehr gerne Romane, wenn ich genügend Zeit dafür habe. Leider habe ich davon momentan viel zu wenig, deswegen lese ich gerade fast nur Nachrichten. In Zukunft werde ich aber wieder mehr Bücher lesen, denn Lesen erweitert den eigenen Horizont.

Vanessa Gaigg

#8 Vanessa Gaigg, 25, Wahlwienerin, seit Teeniezeiten feministisch aktiv. Sie studiert Philosophie an der Uni Wien, setzt sich im Rahmen dessen derzeit kritisch mit Political Correctness auseinander, und wenn sie sich nicht gerade in einem Kampf gegen die Bürokratie der Uni befindet, schreibt sie journalistische Texte oder ist als DJ unterwegs.

Lesen beginnt mit dem Vorlesen aus Pixi-Büchern und zaghaften Eigenversuchen mit Christine-Nöstlinger-Geschichten, wenn man klein ist. Später können Bücher Zufluchtsorte vor seinem eigenen präpubertären Ich sein, und schließlich bedeutet lesen und verstehen zu können, Zugang zur Gesellschaft zu haben.

Fatih Karaburun

#9 Fatih Karaburun 22, Tübinger Student mit türkischem Migrationshintergrund. Er studiert Nahost-Studien/Islamwissenschaften und Ethnologie und wird kommendes Sommersemester 2016 seine Bachelor-Arbeit schreiben. Als Mentor ist er in der Präventionsarbeit gegen Rechtsradikalismus tätig und arbeitet als freier Mitarbeiter in einer Regionalzeitung.

Warum werden immer mehr Jugendliche von der rechtsradikalen Szene, beispielsweise vom Salafismus, inspiriert? Sie lesen nicht. Denn wer richtig liest, informiert sich über nackte Wahrheiten und kann sich erfolgreich weiterbilden. Lasst uns lesen und unsere Zukunft sinnvoll planen!

Christopher Jürgensen

#10 Christopher Jürgensen, 27 Jahre jung und heutzutage in Wien ansässig. Ich mag Bewegung. Nicht nur in Form von Reisen, sondern auch im Lebenslauf. Routine finde ich öde. Mein täglich Brot verdiene ich als Berater im Asylzentrum. Interessiert an Gesellschaft und Außenpolitik. MA-Student „Journalismus & Neue Medien“.

Vorbei sind die Zeiten, in denen das Buch als Paradedisziplin der Introvertierten galt. Lesen ist sexy. Hesse wusste: Ein Buch zu lesen, das heißt, eines fremden Menschen Wesen und Denkart kennenzulernen, ihn zu verstehen suchen, ihn womöglich als Freund gewinnen. In meinem Freundeskreis ist noch Platz.

Ariane Hussy

#11 Ariane Hussy 25 Jahre alt und geboren in einer niedersächsischen Stahlstadt. Zog durch den Süden Deutschlands und studierte Pädagogik und Philosophie. Nachdem sie gerade ein halbes Jahr durch die Straßen Neu-Delhis gewandert ist, sollte nun bald mit der Masterarbeit begonnen werden. (Aber wie das immer so ist: Es muss ja auch noch so vieles geschrieben und gelesen und gedacht und zerfleddert werden.)

Buchstabenkonsumenten sind wir doch alle. Lesen mit halb geschlossenen Augen und halb geöffneten Ideen die Gedanken anderer Menschen, studieren Kommentarspalten und entziffern Notizzettel. Wir bewegen wir uns durch eine Welt, die mit Wörtern angereichert ist und nur darauf wartet dechiffriert zu werden.

Falk Matthies

#12 Falk Matthies bin 21 und hatte nach ein bisschen Herumgereise ganz viel Lust auf Politik weltweit und finde mich jetzt doch nach einem bisschen Studium der internationalen Beziehungen im sehr viel dröger klingenden Jurastudium wieder. Der Fachwechsel hat aber nicht zu einem Landeswechsel gereicht, so treibe ich mich nun weiterhin in Thüringen herum.

Lesen lässt uns Informationen wahrnehmen, ohne sie via Bild oder Ton vorgefertigt geliefert zu bekommen. Mit Hilfe unserer Fantasie sind wir trotzdem in der Lage, uns daraus Zusammenhänge zu konstruieren. Eine Welt der Memes und Videos scheint da sehr viel einfacher.

Nataliya Kuznetsova

#13 Ich heiße Nataliya Kuznetsova und bin 25 Jahre alt. 2013 zog ich von Russland nach Deutschland, um in Kassel meinen Master in Germanistik zu machen. Nun habe ich vor einer Woche dieses Ziel erreicht. Jetzt bin ich in der Selbstfindungsphase und absolviere ein Praktikum im Bereich Unternehmenskommunikation.

Lesen bekommt man in der Schule beigebracht. In der Zeit, wo die Informationen durch die Selektion der Nachrichten, durch die Verwendung von Schlagwörtern oder rhetorischen Argumentationstechniken manipuliert werden, soll das kritische Lesen auch im Schulprogramm stehen.

Helen Müller

#14 Helen Sophia Müller 27, studiert Politikwissenschaft in Berlin, vorher in Mannheim und Istanbul. Hat gerade drei Monate lang in Kamerun über deutsche Kolonialgeschichte dazugelernt. Liest nicht so gern Live-Ticker und Eilmeldungen, lieber gut recherchierte Geschichten, die Inhalte einordnen.

„Wer das Leben liebt, der liest nicht“, schreibt Michel Houellebecq. Mehr als sieben Millionen Erwachsene in Deutschland lesen aus anderem Grund nicht, sagen Studien: Sie haben es nie richtig gelernt. Lesen ist aber, trotz Fernsehen und Radio, wichtig, um sich informieren zu können.

Thorsten Wiechmann

#15 Thorsten Wiechmann 27 Jahre alt. Während eines langen Politik- und Geografie-Studiums in Freiburg kollektiv für mehr politische Schönheit gesorgt. Ich finde mich selbst wieder an der Schnittstelle zwischen Gegenkultur, Kampagnenarbeit und Aktion. Die aktuelle menschenfeindliche Politik macht mich sprachlos, das möchte ich in Zukunft gern ändern.

Wir können täglich über das Sterben im Mittelmeer in den Zeitungen lesen. Wir können Berichte aus Aleppo im Internet lesen. Wir können über offenen Rassismus und die Gewalt in unserer Gesellschaft lesen. Wir können das Programm der AfD lesen. Macht uns dieses Wissen empathisch, und können wir Handlungen ableiten?

Jonas Meyerhof

#16 Jonas Meyerhof ist so wie jeder, nur eben als er. Erschreckenderweise bald schon 22 Jahre alt. Darf zu seinem Glück studieren, Politikwissenschaft und Philosophie, nun im vierten Semester, in Greifswald. Politisch links orientiert, aber das ist im aktuellen Verhältnis ja nicht wirklich schwierig.

Lesen verbindet Wörter mit Inhalten, also Verstand und Argumentation, also Menschen, die argumentieren. Lesen verbindet einen selbst mit Geschichten, die Fantasie mit Material, die Wahrnehmung mit Lebensfreude. Lesen verbindet Menschen mit der Gesellschaft. "Lesen" sollte mit "Integration" verbunden werden!

Dilbahar Askari

#17 Dilbahar Askari 24. Ich lebe in Leipzig und studiere hier Philosophie, wobei ich längst über die Regelstudienzeit hinaus bin (das gehört sich so in dem Fach). Ich bin der Meinung, dass es inmitten der ganzen Schnelllebigkeit wichtig ist, sich unbeirrt Zeit zu nehmen, um über Grundsätzliches nachzudenken. Ich mag angeregte Gespräche, ich schreibe gerne, ich fotografiere gerne.

Lesen als die Decodierung von Zeichen ist nicht auf Geschriebenes zu beschränken. Zeichen sind überall da, wo Menschen sind und Dingen eine Bedeutung geben. Lesen kann sichtbar machen, was ungesagt bleibt und ist der Gegenpol zum bloßen Konsumieren von Information, zu dem wir gegenwärtig leider neigen.

Sarah Wiedenhöft

#18 Sarah Wiedenhöft 1991 geboren, Studentin der Medienwissenschaften in Hamburg, seit 2010 Mutter eines Schwarzen Sohnes, queer, Feministin, alleinerziehend, kreativ und schreibbesessen. Am liebsten schreibe ich gegen soziale Ungerechtigkeit und Benachteiligung und für Respekt und Toleranz.

Meine Art, Texte zu lesen, hat sich stark verändert, seitdem ich Mutter eines Schwarzen Sohnes bin. Viele Geschichten, die als Kind sehr geliebt habe, kann ich meinem Sohn nicht vorlesen. Rassismus lauert leider in vielen Kinderbüchern.

#19 Rufine Songue 22 aus Kamerun. Im März 2012 kam ich als Au-Pair Mädchen nach Deutschland; diese Tätigkeit übte ich ein Jahr lang. Danach, im Sommersemester 2013 fing ich an Germanistik und Anglistik an der Universität Bayreuth zu studieren. Nach dem Bachelor möchte ich gerne einen Master in Journalismus machen.

Nachdem ich lesen gelernt habe, fand ich mich besonders. Ich fing an, aus Neugierde, alles zu lesen, was mir unterkam. Bücher aller Arten, Zeitungen, Schilder. Auf der Straße habe ich Papiere vom Boden abhoben um zu lesen, was darauf stand. So froh war ich endlich lesen zu können. Da musste man nicht mehr der Mama fragen: „Was steht da?“.