Aus Spaß büffeln nur wenige deutsche Grammatik

■ Viele Kursteilnehmer am Goethe-Institut wollen später in Deutschland studieren / Ohne Stipendium wird's teuer / Vom Glück, „intelligente Deutsche“ zu kennen

Charlottenburg. Maylis aus Frankreich, Soon-Hie aus Südkorea und Carmen aus Spanien haben ein gemeinsames Ziel: Am kommenden Montag wollen sie am Berliner Goethe-Institut ihr kleines Sprachdiplom in Deutsch ablegen. Insgesamt 38 Schüler kämpfen dieses Frühjahr in besonderen Vorbereitungskursen mit den Tücken der deutschen Grammatik. Die Prüfung, sprachliche Voraussetzung für die Einschreibung an einer deutschen Hochschule wird zweimal jährlich abgehalten.

Für die meisten Sprachschüler sind berufliche Gründe ausschlaggebend für das sprachliche Engagement. Carmen wollte ihre Chancen als Sekretärin mit Deutschkenntnissen vergrößern. „Inzwischen überlege ich, hier eine Ausbildung als Krankenschwester zu machen“, beschreibt sie ihre Pläne. Maylise möchte nach dem Kurs in Berlin studieren, und Rongsheng aus Taiwan ist bereits an der TU in Architektur eingeschrieben. Die 23jährige lernt am Goethe-Institut, um in den Seminaren besser mitzukommen. Ganz anders liegt der Fall bei der 28jährigen Soon-Hie. „Ich möchte mir selber beweisen, daß ich richtig Deutsch sprechen kann, außerdem muß ich meine schriftlichen Kenntnisse verbessern“, erzählt sie in flüssigem Deutsch, worauf sie manch neidischer Blick trifft. Schließlich lebt sie schon über zehn Jahre in Berlin und arbeitet hier als Krankenschwester. „Kaum jemand studiert in Deutschland nur zum Spaß, das ist viel zu teuer“, weiß Institutsleiter Manfred Hutter aus Erfahrung.

Billig kann man die Sprachkurse denn auch nicht nennen. Für den Sonderkurs mit 48 Stunden müssen die Sprachschüler 650 Mark zahlen. Ein normaler Sprachkurs über acht Wochen ist für 2.830 Mark zu haben. An die 3.000 Teilnehmer durchlaufen das Goethe-Institut jährlich. Davon kommen die Selbstzahler hauptsächlich aus den Industriestaaten. „Durch ein Hilfsprogramm der Regierung haben wir momentan mehrere Stipendiaten aus Osteuropa“, erzählt Manfred Hutter. Auch von den Dritte-Welt-Teilnehmern finanzieren fast ausschließlich alle die Teilnahme mit Hilfe eines Stipendiums.

Doch das Goethe-Institut in der Hardenbergstraße hat Geldsorgen. Anders als die Kulturinstitute im Ausland, muß es sich ausschließlich aus den Einnahmen der Sprachkurse finanzieren. „Seit dem 1. Januar haben wir einen erheblichen Rückgang bei den Einschreibungen“, beklagt der Institutsleiter. Verantwortlich dafür sei die Wirtschaftsrezession, auch die Abwertung von Lira und Peseta habe potentielle Sprachkursteilnehmer abgeschreckt.

Bei der Bewertung, ob auch die ausländerfeindlichen Aktionen in Deutschland für den Rückgang verantwortlich seien, formuliert Manfred Hutter sehr vorsichtig: „Diese könnten in geringem Umfang eine Rolle gespielt haben.“ Fest steht, daß die Angst bei den Schülern größer geworden ist. „Ich gehe mit mehr Furcht auf die Straße“, sagt Soon-Hie, und Carmen gesteht, sie fahre nachts nicht allein nach Ostberlin. Allerdings können private Kontakte für ein differenzierteres Bild sorgen. „Ich habe das Glück, intelligente Deutsche zu kennen“, urteilt Maylis. Ihren Entschluß, in Berlin zu studieren, hat die rechtsradikale Gewalt bisher nicht beeinflußt. Hella Kloss