Wie's geht: Ohne Abi an die Uni

■ Bremer Abendkurse: für 400 Mark pro Semester zur NAP

Für die Zulassung zur Universität braucht man nicht immer das Abitur - seit einigen Jahren gibt es eine Alternative: Die Nichtabiturienten-Kurse abends an der Bremer Volkshochschule (VHS). Nicht-Abitur zum Studieren — der Name ist irreführend. Der Kurs ist die Vorbereitung für die Nichtabiturienten-Prüfung (NAP), und diese wiederum ist eine Einrichtung des 2. Bildungsweges an der Volkshochschule, um „besonders befähigten Berufstätigen“ den Zugang zu einem Studium zu ermöglichen.

Unter das Stichwort „besonders befähigt“ fallen alle, die sich selbst die Prüfung zutrauen. Es gibt keine Eignungs-Prüfung, nur einige Voraussetzungen: Mindestalter 25 Jahre, „in der Regel“ seit 3 Jahren Hauptwohnsitz in Bremen. Eine abgeschlossene Berufsausbildung und eine 5jährige Berufstätigkeit sind nachzuweisen (Arbeitslosigkeit, Kindererziehung und Zivildienst bzw. Bundeswehr werden angerechnet).

Die Vorteile gegenüber dem Abitur-Nachholen an der Abendschule oder am Kolleg sind vielfältig: Die relativ späten Anfangszeiten abends um 18.30 Uhr ermöglichen eine uneingeschränkte Berufstätigkeit. Die Kurse zur Vorbereitung der Prüfung dauern nur zwei Jahre. Daß außerdem die Kurs-LehrerInnen ungefähr so alt sind wie die TeilnehmerInnen, trägt zu einem angenehmen Lernklima bei: Der schulische Charakter der Kurse ist weitgehend aufgehoben. Irmgard Grünling, Koordinatorin für Schulabschlüsse bei der VHS, bestätigt: „Es ist für Erwachsene wichtig, daß sie beim Lernen eine große Selbstverantwortung tragen.“

Die 20 Kurs-TeilnehmerInnen treffen sich an vier Abenden in der Woche zum Unterricht in der Schule am Leibnitzplatz. Angefangen wird im ersten Semester mit den Grundfächern: Deutsch, Mathe und Englisch. Im zweiten Semester kommt ein wissenschaftliches und ein Wahlpflicht-Fach hinzu. Das vierte Semester ist den Prüfungen gewidmet. Diese werden für insgesamt drei Fächer sowohl schriftlich als auch mündlich von einem externen Prüfungsauschuß durchgeführt. Prüfungs-Gebühren werden nicht erhoben, dafür kostet aber jedes Semester 350 bis 400 Mark.

Das Konzept der Nichtabiturienten-Prüfung entstand in den bildungsbewegten 70er Jahren. 1972 fand die erste NAP-Prüfung in Bremen statt. Nachdem es zunehmend zu Anerkennungsschwierigkeiten an den Universitäten gekommen war, wurde die NAP-Prüfungsordnung 1983 von der Kultusministerkonferenz erneuert, die Prüfung wesentlich erschwert. Nach der Novelle rauschten dann auch gleich 80 Prozent der angehenden StudentInnen durch.

Burkhard Heiny, Leiter der Abteilung Schulabschlüsse der VHS, nahm erstmals 1986 einen NAP-Vorbereitungskurs in das Programm auf. Die Kurse sind ein voller Erfolg: Bestehungsquote 94 Prozent. Bisher haben 190 TeilnehmerInnen erfolgreich abgeschlossen. Einziges Problem der NAP war bisher die nicht-gesicherten Lehrerstellen. Fast alle VHS-Lehrkräfte hatten Honorar- Verträge. Folglich war die Lehrerfluktuation hoch, und die KursteilnehmerInnen protestierten. Inzwischen haben sich die LehrerInnen in feste Arbeitsverhältnisse eingeklagt. Damit ist die kontinuierliche Arbeit gesichert.

„Bis zu 65 Prozent der TeilnehmerInnen halten bis zur Prüfung durch. Über den 2-Jahreskurs hinweg ist dies in der Erwachsenenbildung eine sehr hohe Zahl“, sagt Grünling. Nach der NAP studieren fast alle. 0,2 Prozent aller Plätze an den Universitäten werden für Studierende aus dem zweiten Bildungsweg freigehalten. Das bedeutet: Sie haben eine fast freie Studienwahl.

A. Prochnau & V. Agena