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Verweiblichung der Männer

■ taz-Gespräch mit der Ost-Berliner Frauenforscherin Hannelore Scholz über Feminismus in der EX-DDR

Hannelore Scholz, habilitierte Germanistin an der Humboldt-Universität in Berlin, war dort bis Februar Leiterin des „Zentrums für interdisziplinäre Frauenforschung“, das nach Umstrukturierungen jetzt unter Kollektiv-Leitung steht. Auf dem 1. Frauen-Nord-Forum referierte sie in der letzten Woche in Bremen zum Thema „Ost-West Frauenkultur.“

taz: Seit wann arbeiten Sie in der Frauenforschung?

Hannelore Scholz: Seit 1980 habe ich in illegalen, halb offiziellen Zirkeln bei mir Zuhause Studentinnen, Kolleginnen und Schriftstellerinnen zusammengebracht, mit denen wir feministische Fragen diskutierten. Deshalb konnte ich auch unter DDR-Verhältnissen eine Habil- Arbeit zu feministischen Fragestellungen schreiben und durchsetzen. Schon vor 1989 konnte ich unter DDR-Bedingungen eine Frauenforschungsprofessur mit durchsetzen. Die Männer haben damals eingesehen, daß sie Fortbildung machen müssen, weil die Geschlechtsspezifik wirklich wichtig ist.

War Feminismus denn nicht ein Fremdwort in der DDR? Ich habe bisher immer gelesen, daß die DDR-Bürgerinnen Frauenbewegung nur vom Hörensagen aus dem Westen kannten?

Das stimmt so nicht. Seit 1985 war ich in einem interdisziplinären Zirkel, wir haben uns bei Irene Dölling und anderen Frauen getroffen und auch feministische Fragen diskutiert. Im Vorwort meiner Habil-Arbeit von 1988 problematisiere ich den Begriff Feminismus, weil der in den Duden und Lexika der DDR als „Verweiblichung der Männer“ definiert wurde. Die westdeutschen und amerikanischen Ziele der Frauenbewegung wurden gar nicht zur Kenntnis genommen. 1985 habe ich in der Berliner Stadtbibliothek einen Vortrag gehalten, der total gegen die verordnete Emanzipation lief. Es gab dann auch prompt eine Eingabe bis hinauf zum ZK, wie ich heute weiß. Es war also möglich, aber mit ungeheuren Kämpfen verbunden.

Wenn diese Auseinandersetzungen in quasi geheimen Zirkeln stattfanden — was hatten die Studentinnen davon, die nicht so etabliert waren?

Sie haben bei mir Diplomarbeiten zu diesen Themen geschrieben. Das sind interessanterweise die Frauen, die in der „Lila Offensive“ und in der Frauenbewegung waren. Es war auch kein Zufall, daß dies Kultur-und Literaturwissenschaftlerinnen waren. Eine meiner Thesen ist, daß mit Erscheinen von Christa Wolfs „Nachdenken über Christa T.“ (1968) eine literarisch-ästhetische Frauenbewegung in der DDR begann. Unter den Intellektuellen setzte also schon eine Ideologiekritik und ein Bewußtseinsprozeß ein. Solche literarisch-ästhetischen Bewegungen können ja durchaus eine politische vorbereiten.

Warum fand trotzdem kein Geschlechterkampf statt?

Es war nicht attraktiv, sich in politische und Machtstrukturen zu begeben, obwohl dies gar nicht so schwer war. Das bedeutete aber keine günstige Beförderung, sondern durch die ideologischen Vorgaben eher eine Behinderung. So wurde das Politische zum Privaten, so daß auch im Privaten Positionskämpfe nur gedämpft ausgetragen wurden.

Bisher haben beide Seiten bei ihren Forschungen nicht darüber nachgedacht, wie Geschlechterverhältnisse sich in der DDR zu Machtstrukturen verhalten. Dies war auf diesem Forum mein Ansatz: strukturelle Diskriminierungen aufzudecken.

Fragen: Birgit Rambalski

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