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Besetzen? Ja bitte!

■ Grünes Landtagsbüro wegen Daimler-Teststrecke besetzt

Berlin (taz) – VertreterInnen von Umweltgruppen besetzten gestern das Landtagsbüro der grünen Fraktion in Hannover. Damit protestieren sie gegen die Haltung der Partei zu der geplanten Mercedes- Teststrecke im Papenburger Moor. Daimler-Benz versucht schon seit Jahren, einen geeigneten Standort zu finden. Vor sechs Jahren scheiterte der Bau einer derartigen Teststrecke im baden- württembergischen Boxberg am Widerstand der AnwohnerInnen.

In Papenburg soll die Teststrecke auf 800 Hektar ehemaligen Moorgebietes gebaut werden, allein 125 Hektar sollen betoniert werden. In dem angepeilten Gebiet leben viele bedrohte Tierarten, darunter Brachvögel, Goldregenpfeifer und Sumpfohreulen. Die Umweltgruppen kritisieren auch, daß die Strecke der Entwicklung neuer Hochgeschwindigkeitsautos diene und als mögliches Testgelände für militärische Produkte geeignet sei. Sie möchten, daß das abgetorfte Gebiet renaturalisiert wird. Obwohl der Koalitionsvertrag mit der SPD explizit festlegte, daß der Bau der Teststrecke nicht gefördert werden sollte, hatte sich die niedersächsische Fraktion der Grünen im Mai 1991 von ihrem Regierungspartner überrumpeln lassen, das Projekt zu genehmigen – wenn auch mit ökologische Auflagen. Die grüne Fraktion wiederum zurrte den Beschluß fest, noch bevor sich die Landesdelegiertenkonferenz dazu äußern konnte. Dies führte zu einer Zerreißprobe der Partei.

Im Juli 1991 errichteten UmweltschützerInnen ein Hüttendorf auf dem Gelände. Das „Aktionskomitee Teststrecke“ sammelte bundesweit mehr als 4.000 Einwände gegen das Raumordnungsverfahren. Der Protest aus dem Emsland selbst ist eher lau: der wirtschaftlich schwache Bezirk hofft auf Arbeitsplätze.

Die Grünen befinden sich seitdem in einer schizophrenen Situation. Fraktion und Landesverband halten den damaligen Kabinettsbeschluß heute für einen Fehler, stehen aber zu ihrer Entscheidung. „Man kann von einer 5,5-Prozent- Partei nicht erwarten, daß sie 100 Prozent durchsetzt. Trotzdem gibt es eine Schmerzgrenze“, so die Landesvorstandssprecherin Giela Altmann, die das Hüttendorf im Moor mit errichtet hatte. Für viele Grüne war diese Schmerzgrenze überschritten: sie traten aus.

Die Restgrünen sind über die Besetzung geradezu glücklich und ließen die BesetzerInnen, die anders nicht reingekommen wären, als Gäste der Fraktion eintragen. Bis zum Redaktionsschluß diskutierten Grüne und Umweltgruppen noch miteinander. Einen Ausweg bietet möglicherweise Mercedes selbst: wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage könnte der Konzern das milliardenschwere Projekt von sich aus abblasen. Harald Ronge

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