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Aus für Ruzkois Bremser

■ Boris Jelzin besetzt Regierung mit „seinen“ Leuten / Rückkehr Gaidars?

Moskau (taz) – Der Chef der Jelzin-Administration Sergej Filatow hatte es letzte Woche schon durchblicken lassen. Das Referendumsergebnis statte den Präsidenten mit ausreichend Befugnis aus, das Kabinett mit Leuten seiner Wahl zu besetzen. Als erster erhielt gestern Jurij Skokow seine Kündigung. Die graue Eminenz hatte das „innere Kabinett“ Jelzins, den Sicherheitsrat, seit einem Jahr geleitet. Mit Einfluß auf die Armee, das Sicherheits- und Innenministerium sowie Außenpolitik. Skokow war ein Mann des militärisch-industriellen Komplexes. Mit seiner Amtsübernahme – so wurde schon vor einem Jahr gemutmaßt – habe die Opposition um Vizepräsidenten Ruzkoi einen Bremser in Jelzins Nähe lanciert. In Ungnade fiel Skokow allerdings erst, nachdem er im März Jelzins Vorhaben, direkte Präsidialherrschaft zu verhängen, öffentlich kritisiert hatte. Das gleiche Schicksal ereilte auch Vizepremier Georgij Chischa, der ein Lobbyist der „Schwerindustriellen“ war.

Gerüchte kolportieren, Nachfolger Skokows im Sicherheitsrat könnte der 37jährige Jurist und Vizepremier Sergej Schachrai werden. Er gehört seit langem zum engeren Beraterstab des Präsidenten. Zwischenzeitlich schied er schon mal aus der Regierung aus, weil sich die reaktionäre Legislative auf ihn eingeschossen hatte. Schachrai plädierte immer für eine starke Stellung des Präsidenten.

Gemunkelt wird auch über eine Rückkehr Jegor Gaidars, dem Chefarchitekten der Wirtschaftsreformen. Die Zustimmung der Mehrheit der Russen zum Wirtschaftskurs im Referendum nährt die Vermutung. Sollte Gaidar einverstanden sein, würde er sich als Vizepremier voraussichtlich um die Finanzpolitik kümmern. Jelzin scheint seinen Ankündigungen treu zu bleiben und einen radikalen Wechsel durchzuziehen. Klaus-Helge Donath

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