piwik no script img

Rushdie trifft Premier Major

■ Britanniens Regierungschef bedauert Mordaufruf gegen den Schriftsteller / Iran: „Schlag ins Gesicht“

London/Nikosia (AFP/AP/taz) – Der britische Premierminister John Major hat sich am Dienstag zum ersten Mal mit Salman Rushdie getroffen. An dem Treffen nahm auch die Vorsitzende der Menschenrechtsorganisation „Article 19“, Francis D‘Souza, teil, die sich für den Schriftsteller einsetzt. Rushdie lebt wegen eines iranischen Mordaufrufes seit vier Jahren im Untergrund.

Eine britische Regierungssprecherin erklärte nach der 30minütigen Begegnung in Majors Büro im Unterhaus, der Premier habe Rushdie der Unterstützung des Kabinetts versichert. Major, der schon im Februar seine Bereitschaft für ein Treffen erklärt hatte, habe sein Bedauern darüber geäußert, daß die iranische Führung an dem Mordaufruf gegen Rushdie festhalte. Er habe betont, daß er „großen Respekt für den Islam“ habe. Die Weigerung des Iran, den Mordaufruf zurückzunehmen, sei, so Major, kein guter Dienst an dieser „großartigen Religion“.

Rushdie nannte das Treffen vor Journalisten „den wichtigsten Tag“, seit Ayatollah Chomeini 1989 die „Fatwa“ gegen ihn verhängt hatte. Er sagte, Großbritannien werde sich jetzt an die Spitze der Kampagne gegen die Fatwa setzen, um ihn von der Todesdrohung zu befreien. Die Beziehungen zwischen London und Teheran seien frostig, erklärte er, und könnten sehr schnell noch frostiger werden. Rushdie hatte sich auch um ein Treffen mit US-Präsident Clinton bemüht, das jedoch nicht zustande gekommen ist.

Ein Führer der in Großbritannien lebenden Moslems warnte unterdessen vor der „großen Wut“, die das Treffen zwischen Major und Rushdie bei seinen Anhängern auslösen werde. Die Zusammenkunft stehe in krassem Gegensatz zu dem Ziel, harmonische Beziehungen zu der islamischen Gemeinde im Königreich aufzubauen, sagte Iqbal Sacarnie, einer der führenden Köpfe des britischen Aktionskomitees für islamische Angelegenheiten.

Die iranische Nachrichtenagentur IRNA nannte das Treffen am Mittwoch einen „Schlag ins Gesicht des Iran, der dazu angetan ist, tiefgreifende Auswirkungen auf den Handel und die Beziehungen zu den islamischen Ländern zu haben“. Das Treffen Majors mit Rushdie gefährde auch die von der europäischen Gemeinschaft gewünschte Verbesserung der Beziehungen zum Iran.

Der 45jährige britische Autor indischer Herkunft hatte 1989 mit der Veröffentlichung seines Romans „Die Satanischen Verse“ den Unwillen der iranischen Führung erregt. Der inzwischen verstorbene Ayatollah Chomeini hatte zur Ermordung Rushdies aufgerufen, weil dessen Werk blasphemisch sei. Sein Nachfolger, Ayatollah Ali Chamenei, forderte von London im Februar die Auslieferung des Schriftstellers. Eine iranische Organisation hat zwei Millionen US-Dollar Belohnung für die Tötung Rushdies ausgesetzt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen