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Guppys, Videonester und Soldat auf Po

■ Der Weiße Raum zeigt Arbeiten des Video-Künstlers Nam June Paik aus den letzten zwanzig Jahren

zeigt Arbeiten des Video-Künstlers Nam June Paik aus den letzten zwanzig Jahren

Fische, die im Himmel fliegen und Flugzeuge, die durchs Aquarium kreisen, bei Nam June Paik wird das Unmögliche zur visuellen Realität. Dies zeigt der Weiße Raum jetzt mit zehn Videoskulpturen seines Hauskünstlers aus zwanzig Jahren. Bei Fish TV von 1976 bilden sogenannte Guppys, eine besonders widerstandsfähige Fischspezies, zusammen mit den Ausstellungsbesuchern das Publikum. Auf mehreren Monitoren laufen intermittierend identische Videobänder ab. Die Aquarien sind vorgeschaltet, so daß der Blick durch den Tank hindurch, von Wasserpflanzen flankiert auf die Bilderflut gelenkt wird. Für Paik spiegelt Wasser die taktile Qualität des Fernsehens wieder. Aquarium und Fernsehschirm werden auf optischer Ebene gleichgesetzt. Durchaus bissig setzt Paik den Fisch als Metapher ein.

Werden Yuppies zu Guppys, nehmen die Besucher in der Mitte des Weißen Raums die Hans-Kuck- in-die-Luft-Pose ein. Unter der Decke hängen in einem Nest aus Efeu außer einem gestylten Kristalleuchter circa 20 Kleinbildmonitore, auf denen sich die farbenprächtige Ornamentik der Paik-Videobänder abspult. Seitlich versetzt unter dem Videochandelier von 1991 komplettiert das TV Bed (1972) die Einrichtung des Kunstraums. Im Bett spielen sich via TV verschiedene Szenen ab. Beherrschend im Programm ist Charlotte Moorman, für die Paik ab 1964 Video-Objekte entwarf. Kurz ist sie im Bett mit dem Chroma Key Bra zu sehen. Dieser Büstenhalter besteht aus zwei Pappscheiben, auf denen im Blue-Box- oder Chroma-Key- Verfahren zusätzliche Aufnahmen eingeblendet werden können. 1970 war, genau wie der TV Bra for Living Sculpture der Chroma Key Bra ein Anachronismus vor dem Hintergrund der Büstenhalter-Verbrennungen, heute wirkt er direkt sexy. TV Bed zitiert mehrere Werke von Paik.

Beim Concerto for TV Cello and Video Tape (1971) spielt Moorman Cello auf drei Bildröhren, Plexiglas und vier Saiten. Auf Paiks Rücken zieht Moorman auf einem anderen Bildschirm die Cello-Saiten stramm. Mit Silber- und Golddraht am Bett befestigt sind zwei Figuren, ein Spielzeugsoldat in voller Montur mit MG und Cello auf dem Rücken und ein Holzfigurpüppchen. Der kleine Spielzeugsoldat klettert im Bildschirmprogramm immer wieder über einen nackten Po hoch zum Rücken, von dem er wie ein toter Käfer abfällt.

Egg Grows (1984) ist die meditativste Arbeit im Weißen Raum. Ein irreal ausgeleuchtetes Hühnerei, das von innen heraus zu strahlen scheint, wächst flimmerfrei durch Direktübertragung auf den jeweils nächstgrößeren Bildschirm zum Di-

1nosaurierei an. Die Übereinstimmung zwischen Gegenstand und Abbild wird in Egg Grows nachhaltig gestört. Darwin von 1991 zeigt einen Stammbaum der Videomonitore und bei den Neon TVs sind die Fernseher ausgeräumt und mit zu den jeweiligen Neonzeichen pas-

1senden Details gefüllt.

Von der BRD wird Nam June Paik zur diesjährigen Biennale geschickt. Das Weiße Haus veranstaltet nach der Eröffnung der Biennale mit dem Medien-Genie Paik einen Workshop in Hamburg. Gerlinde Schmidt

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