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Neuengamme: Kein Zutritt für Roma

■ Polizei sperrt Gedenkstätte / Vermittlung von Bischöfin Jepsen bis gestern abend ohne Erfolg / Heute Verhandlungen

/ Vermittlung von Bischöfin Jepsen bis gestern abend ohne Erfolg / Heute Verhandlungen

Selbst die Vermittlungsversuche der Hamburger Bischöfin Maria Jepsen brachten den Roma National Congress, vertreten durch Rudko Kawczynski, und Hamburgs Behörden, vertreten durch Polizeichef Heinz Krappen, gestern nicht zum Einlenken: Der Zugang zur Gedenkstätte in Neuengamme blieb den Roma gestern verwehrt. Heute sollen Verhandlungen zwischen Roma-Vertretern und Vertretern der Innenbehörde stattfinden. Die Forderungen Kawczynskis: Der Hamburger Senat soll sich in Bonn für ein generelles Bleiberecht der Roma und ein internationales Flüchtlingsabkommen für die Volksgruppe einsetzen.

Während die Polizei das Gelände der Gedenkstätte auch in der Nacht absperrte, campierten die Roma auf einem Kornfeld – 300 Meter vom ehemaligen Konzentrationslager entfernt. Kawczynski kündigte am Abend Ausdauer an: „Wir haben Zeit und wenn es Tage dauert“.

Die Roma wollten anläßlich des 50. Jahrestages der ersten Deportationen von Hamburger Roma durch die Nazis das Gelände des ehemaligen KZs besetzen und gegen die deutsche Asylpolitik demonstrieren. Die Gedenkstätte sollte als „Fluchtburg“ für von der Abschiebung bedrohte Roma genutzt werden.

In den frühen Nachmittagsstunden war es zu massiven Auseinandersetzungen gekommen. Nachdem der Roma-Treck, der sich in Bergedorf gesammelt hatte, in Neuengamme angekommen war, versuchten mehrere Poliziste, den Zug 800 Meter vor der KZ-Gedenkstätte zu stoppen. Den Roma gelang es zu-

1nächst, die Polizeikette zu überrennen, sie konnten erst nach 100 Metern gestoppt werden. Bei der Auseinandersetzung erlitt eine Roma- Frau Rippenbrüche, der Polizeipastor bekam einen Schlag ins Gesicht und erlitt eine Platzwunde.

Bischöfin Maria Jepsen, die zu-

1vor an einem Gedenkgottesdienst für die Opfer des Nationalsozialismus in der Neuengammer Johannis- Kirche teilgenommen hatte, zeigte sich von der Polizeiaktion betroffen: „Was ich gehört habe, gibt zu Trauer oder Wut Anlaß“.

Ihre Versuche, die Polizei dazu

1zu bewegen, die Roma doch noch auf die Gedenkstätte zu lassen, scheiterten. Kulturbehörde und Bezirksamt Bergedorf hatten die Veranstaltung der Roma auf dem ehemaligen KZ-Gelände in der vergangenen Woche verboten.

Wie lange die Roma vor der Ge-

1denkstätte ausharren werden, hängt vom Ausgang der heutigen Verhandlungen ab. Polizeichef Heinz Krappen kündigte gestern abend an, die Roma auf längere Zeit auf dem Kornfeld zu dulden. Kai von Appen

Siehe auch Bericht Seite 2

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