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„Unterm Strich hat es sich gelohnt“

■ Urabstimmung in der sächsischen Metallindustrie

Dresden (taz) – Heute und morgen entscheiden die sächsischen MetallerInnen in einer Urabstimmung über die Annahme des am Freitag ausgehandelten Tarifkompromisses. Der sächsische Tarifabschluß war von beiden Partnern als Pilotmodell für die ostdeutsche Metall-, Elektro- und Stahlindustrie ausgegeben worden. Während sich in Sachsen für die „elegante Lösung“ (Biedenkopf) breite Zustimmung abzeichnet, ist die Lage in den anderen Tarifgebieten äußerst gespannt und das Jawort der Basis ungewiß.

Die sonntäglichen Streikposten vor den AEG-Toren im Dresdner Industriegelände sind recht zuversichtlich, daß der neue Tariffahrplan vor dem Urteil der KollegInnen bestehen wird. Dann könnte am Mittwoch, mit Beginn der Frühschicht, wieder gearbeitet werden.

Montagearbeiter Christian Bartusch ist „froh, daß die Kündigung des Stufenplanes zurückgenommen wurde“. Mit dem Kompromiß „können wir leben“, gibt er die ersten Reaktionen seiner KollegInnen wieder. „Es gab Für und Wider“, ergänzt Streikposten Ren Stein, „aber ich denke, daß die 25 Prozent Zustimmung zusammenkommen.“ Unterm Strich habe sich die Aktion gelohnt: „Das Ergebnis ist das Optimale, was wir aus der Situation herausholen konnten. Und man hat mal das Vokabular des Streiks kennengelernt.“

Die AEG Starkstromanlagenbau Dresden gehörte zu den sächsischen Betrieben, in denen die ostdeutsche Streikpremiere eröffnet wurde. Zwei Wochen Ausstand, das war für den Betriebsrat Werner Fahrack „eine höchst lehrreiche Zeit“. Kennengelernt habe er vor allem seine KollegInnen. Die meisten hätten sich „sehr ernsthaft“ in diesem Streik engagiert und bis zu zehnmal Posten gestanden. Aber es habe auch einige gegeben, die seien „nur mal zum Stempeln“ vorbeigekommen.

Werner Fahrack war dabei, als der Tarifkompromiß ausgehandelt wurde. Wichtiger als das materielle sei das politische Ergebnis des Streiks: Es sei gelungen, die Tarifautonomie zu bewahren. „Ich bin sehr optimistisch, daß durch die Urabstimmung der Kompromiß bestätigt wird.“ Für die nächsten drei Jahre sei damit „Berechenbarkeit auf beiden Seiten“ gegeben, und „wir können an die Stabilisierung der Unternehmen gehen“.

Unverständlich sei ihm, warum die Verhandlungen über das Sachsen-Modell in Berlin/Brandenburg abgebrochen worden sind. Freilich hätte auch die AEG den ursprünglichen Tarifvertrag verkraften können. Eine Fortsetzung des Ausstandes mit dem Ziel, 26 Prozent doch noch durchzusetzen, hält er jedoch für unklug: „Das dauert mindestens 14 Tage, bis die Tarifparteien wieder zusammenkommen. Und was dann noch aus der diesjährigen Anpassung herauszuholen ist, das lohnt den Aufwand nicht.“ Die IG Metall würde sich viel Ansehen vergeben. „Mit der Brechstange“ sei ein Tarifkonflikt nun einmal nicht zu beheben. Detlef Krell

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