: Rücken zum Tunnel
■ Baubehörde wirbt in Hastedt für Hemelinger Tunnel
Baustaatsrat Jürgen Lüthge mochte sich am Ende des letzten Montagabend wie Fußball-Trainer Otto Rehhagel vorgekommen sein: 40.000 im Stadion, und alle hatten die rettende Idee.
Gottlob waren aber nur 35 Hastedter zur Einwohnerversammlung des SPD-Ortsvereins gekommen, um sich aus erster Hand über die Folgen des Hemelinger Tunnels zu informieren. Elf Pläne hatten Jürgen Lüthge und Gerhard Coers vom Amt für Straßen- und Brückenbau in einer Klasse der Schule Alter Postweg aufgehängt: Trassen, die anno Kulenkampff im Bauressort vertreten wurden, aber eben auch die jetzt vom Bauressort favorisierte Trassenführung für den Tunnel zwischen Sebaldscenter und Autobahnzubringer Pfalzburger Straße.
„Es geht vor allem darum, jetzt die Trassenführung festzulegen“, erläuterte Lüthge, der den Streit zwischen Bau- und Wirtschaftsressort über die Anzahl der Röhren und Entlastungsquoten ausklammern wollte. Die Baubehörde will eine Tunnelröhre mit einer Fahrspur für jede Fahrtrichtung plus eine Notspur, das Wirtschaftsressort will zwei Röhren und vier Spuren.
Die beiden vom Bauressort mußten gegen eine Woge der Mißtrauen anrudern: „Der Tunnel, wie wir ihn jetzt planen, wird auf den meisten Straßen zu Verkehrsentlastungen zischen 20 und 50 % führen“, erklärte Coers die Berechnungen. Pech für die Anwohner der Pfalzburger Straße: Sie werden als einzige bis zu 23 % mehr Verkehr abbekommen. „Wir haben aber in der ersten Baustufe allein 11,2 Mio für Lärmschutz- und Umgestaltungen“, erläuterte Lüthge.
Zwei Röhren oder eine Röhre, das schien vielen kaum ein Unterschied. „Hauptsache es geht jetzt endlich los“, monierte ein älterer Herr. Lüthge: „Wenn wir vier Spuren bauen, dann staut sich der Verkehr wieder an den Knotenpunkten. Es sei denn, man denkt an einen vierspurigen Ausbau der Osterholzer Heerstraße und an einen Ausbau des Osterdeiches.“ Frage: „Ist der Verkehr zu Betrieben einer gewerblich genutzten Hemelinger Marsch einbezogen?“ Antwort Lüthge: „Nein, das wollten wir nicht.“
Zu den elf Zeichnungen an der Klassenwand gesellten sich dann die Privatvorschläge des Plenums. „Wir wär's denn, wenn wir...“ huben die Leute ihre Rede an. Andere plädierten für einen radikalen Ausbau des Straßennetzes. „Man kommt kaum noch mit dem Auto durch den Stadtteil.“ Das war nicht die Stimme einer Minderheit.
Das Ergebnis des Abends: Der Vorschlag des Bauressorts über den Verlauf der Tunneltrasse mit einer Röhre wird vom Beirat weitgehend getragen. Diese Zusage machte Beiratssprecher Kurt Schuster auf der Einwohnerversammlung und verwies auf bereits getroffene Beschlüsse. Und auch der SPD-Ortsverein Hastedt unterstützt die Bausenatorin.
mad
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