Immer diese Linkshänder

■ Bei der Tischtennis-Weltmeisterschaft hat pünktlich nach den Team-Wettbewerben das Favoritensterben begonnen

Berlin (taz/dpa) – Wenn bei Tischtennis-Weltmeisterschaften die Einzelkonkurrenzen beginnen, ist selten etwas so, wie es zuvor schien. Der ausufernde Mannschaftswettbewerb überfordert konditionell oft manche Spitzenkönner. So auch in Göteborg, wo gerade die Gastgeber von der üblichen Erschöpfung erfaßt wurden.

Da wäre zum Beispiel Peter Karlsson. Der noch amtierende Doppelweltmeister hatte im Mannschaftsfinale gegen China am Montag eine überragende Leistung geboten, mit seinem 2:1-Sieg gegen den zur Zeit wohl weltbesten Abwehrspieler Wang Tao den Grundstein zum Titel für die Schweden gelegt und wurde fortan als Mitfavorit im Einzel gehandelt. Nur zwei Tage später war der kurze Traum von weiteren Medaillen ausgeträumt. Karlsson schied klar mit 1:3 gegen den erst 17jährigen Jugend-Europameister Wladimir Samsonow aus Weißrußland aus. Und auch das Weltmeister- Pärchen Karlsson/von Scheele beendete die Doppelkonkurrenz bereits in der ersten Runde. Doch auch Jörgen Persson, zweimaliger Einzelweltmeister, nahm seinen Hut bereits in der ersten Runde gegen den Franzosen Patrick Chila. Auch bei den Frauen wird es keine Titelverteidigung geben. Die chinesische Olympiasiegerin Deng Yaping verlor gegen Jun Hong Jung aus Singapur.

Vielleicht waren die Schweden auch nur geschockt von ihrem Landsmann Jan-Ove Waldner. Der Olympia-Sieger schloß den bestdotiertesten Ausrüstervertrag ab, den dieser Sport je gesehen hat. Von einer Völklinger Firma soll er jährlich eine sechsstellige Summe erhalten. Der Vertrag hat zudem die unglaubliche Laufzeit von zehn Jahren. Fragt sich nur, wie sich das auf Waldner, der dann immer am besten spielte, wenn es Geld zu verdienen gab, auswirken wird.

Doch auch die Deutschen wurden nicht ganz von der Mattigkeit verschont, die durch die saunaartigen Temperaturen in den drei Spielhallen noch verstärkt wurde. Jörg Roßkopf und Steffen Fetzner, 1989 Weltmeister und 1992 Olympia-Zweite im Doppel, schieden in der zweiten Runde mit 16:21, 21:10, 19:21 gegen die zweitklassigen Niederländer Trinko Keen und Danny Heister aus. Die Gründe für die zwei lächerlichen fehlenden Punkte waren schnell gefunden. In der Bundesliga war Roßkopf/Fetzner nicht aufgeboten, weil Borussia Düsseldorf lieber zwei bessere als nur ein sehr gutes Doppel an den Start brachte. „Wir haben international nur bei zwei Turnieren zusammen gespielt“, klagte Roßkopf und wußte auch noch etwas anderes: „Wir mußten gegen zwei Linkshänder spielen. Das ist schwer.“ Komischerweise zählte das Argument genau andersrum ebenfalls als Entschuldigung. Richard Prause erklärte das blamable 1:2 mit seinem Partner Sascha Köstner gegen die Ägypter Helmy/Sobhi folgendermaßen: „Wir sind zwei Linkshänder. Das paßte nicht zusammen.“

Völlig unberührt von der männlichen Verwirrung pflügten sich derweil die deutschen Frauen durch die ersten Runden. Abgesehen allerdings von Olga Nemes, die unglücklich mit 20:22 im fünften Satz gegen die auf der Weltrangliste 17 Plätze besser eingestufte Taiwanesin Jing Xu verlor. Aber dafür erreichten Nicole Struse und Jie Schöpp bereits das Achtelfinale und setzten sich dabei gegen überaus prominente Gegnerinnen durch. Auf der Liste: die holländische Europameisterin Bettine Vriesekoop, die rumänische Top-12-Siegerin Emilia Ciosu und die beiden Chinesinnen Zhang Qin (Weltrangliste Nr.8) und Qiao Hong (Nr.2). to