: Theater statt Journalismus
■ Lydia Smejda inszeniert „Nächstes Jahr — zur gleichen Zeit“ im Oldenburgischen Staatstheater
Die letzte Schauspiel-Premiere am Oldenburgischen Staatstheater ist zugleich die erste Theater-Regie von Lydia Smejda (36). Die ehemalige Fernsehredakteurin inszeniert „Nächstes Jahr zur gleichen Zeit“ von Bernhard Slade.
Für Sohn Sean (5 Monate) hatte Lydia Smejda vor allem in der vergangenen Woche nur wenig Zeit. Die Endproben nahmen die Regisseurin voll in Anspruch. „Aber er ist bei seinem Papa in den besten Händen,“ sagt sie. Der ist Camera-Operater beim britischen Film und hat im Moment sowieso nichts zu tun. Die Mama konnte also arbeiten.
Zum Theater zog es Lydia Smejda schon immer, seit sie 1975 in der Schule Oscar Wildes „Bunbury“ inszenierte. Doch zunächst ging sie Umwege: Filmhochschule, Regie-Assistenz und redaktionelle Mitarbeit beim ORF, eigene PR-Filme und Dokumentationen. Finanziell lukrativ — aber dann kam die Erkenntnis, daß Journalismus nicht ihr Ding war: „Dieser platte Sensationalismus, die Rücksichtslosigkeit, Menschen in erster Linie als Sujet zu betrachten und zu behandeln, das liegt mir nicht.“
Und so fing Lydia Smejda 1990 ganz von vorne an, als Regie-Assistentin am Oldenburgischen Staatstheater. Jetzt hat sie ihr erstes Stück inszeniert. Regieführen bedeutet für sie vor allem, mit Menschen zusammenzuarbeiten, „das, was auf dem Papier steht, zum Leben zu erwecken.“
Sie hat sich für ihre erste Inszenierung eine trotz aller Absurditäten lebensnahe Komödie ausgesucht: Doris und George sind zwei ganz normale, junge Amerikaner, die zufällig eine Nacht miteinander verbringen. Obwohl beide anderweitig gebunden sind, beschließen sie, sich wiederzusehen: Jedes Jahr am selben Wochenende im selben Hotelzimmer. Alle fünf Jahre darf der Zuschauer Mäuschen spielen. Wenn Doris etwa hochschwanger zum Rendezvous erscheint, wenn sie mit 40 das Studentenleben und den Protest gegen das Establishement entdeckt, während George auf dem Höhepunkt seiner Karriere als Anlageberater steht; oder wenn er fünf Jahre später plötzlich alles aufgibt, um Bar-Pianist zu werden, sie hingegen gerade als Geshäftsfrau ihre erste Million gemacht hat. Die merkwürdige Liebe der beiden widersteht allen Anfechtungen. Sie ist romantisch, aber nicht kitschig.
Die beiden Hauptfiguren sind durchaus lebensechte Menschen auf der Suche nach sich selbst. Am Ende, so die Regisseurin Lydia Smejda, haben beide zu sich gefunden. Und das sei tröstlich und schön. „Ein Stück, das zeigt, daß man irgendwann nicht mehr ruhelos ist, sondern sich mit seinen Träumen aussöhnt.“
Ella Fabian
Die Premiere im „Spielraum" des Oldenburgischen Staatstheaters ist am Sonntag, 23. Mai, 19.30
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