: Vorschlag
■ „Einberufungen“ Ein Videofilm gegen das Militär
„Mir is det eijentlich ejal. Ick bin arbeitslos, da is Bundeswehr besser als janischt“, sagt ein Rekrut aus dem Zugfenster in die Kamera. „Einberufungen“ erzählt Militärgeschichte aus radikalpazifistischer Sicht: gegen das Gerede von der Wehrpflicht als dem „legitimen Kind der Demokratie“ setzen die Filmemacher Guntram Fink und Michael Schehl die Feststellung, erst Volksheere hätten Angriffskriege ermöglicht. Auch in der Bundeswehr wird gestorben: neben die Bilder der Schlächtereien in den Schützengräben der Weltkriege stellt der Film exemplarisch den Fall des Wehrpflichtigen Frank Feldmann, der 1986 bei einer Gasübung umkam. Auch „Zivildienst ist kein Friedensdienst“, heißt es weiter, wenn die Einbindung der Zivis in den Pflegenotstand, aber auch in die militärische Planung vorgeführt wird. „Einberufungen“ ist ein Plädoyer für die strafbare Totalverweigerung, was durch ein Porträt des ersten Berliner Totalverweigerers, Ernst Steinhauer, unterstrichen wird.
Eindringlich ist der Dokumentarfilm, wo authentische Bilder gezeigt werden: die grobe Räumung eines Rekrutenzuges durch die Polizei, die standrechtliche Erschießung von Verweigerern im Zweiten Weltkrieg oder alte Kriegswochenschauen. Der Zuschauer kommt ins Grübeln, wenn der Anwalt des Totalverweigerers Steinhauer erklärt, sein Ostberliner Mandant wäre für seine Haltung noch vor drei Jahren von der BRD freigekauft worden, werde jetzt aber von ebendiesem Staat ins Gefängnis gesteckt.
Ein Problem des Films liegt in der Stoffülle, die sich da auf 75 Minuten drängt: Wehrdienst, Zivildienst, Totalverweigerung, Abschaffung der Wehrpflicht, Zwangsverpflichtung von Frauen, Notstandsgesetze, Desertion, Militärpsychologie, Blauhelmeinsätze der Bundeswehr; ein Trommelfeuer von Themen geht auf den Zuschauer nieder. Auch folgt der Forderung „Abschaffung der Wehrpflicht“ keine Diskussion über die Problematik einer Berufsarmee oder über gewaltfreie Konfliktaustragung.
„Einberufungen“ ist ein einseitiger, parteiischer Film zum Diskutieren, der die Befürworter der Wehrpflicht nicht zu Wort kommen läßt. Bernhard Pötter
Guntram Fink / Michael Schehl: „Einberufungen“, VHS-Video, Farbe, s/w, 75 Min., 38 DM, zu bestellen bei Denk-Stein Verlag, c/o Uwe Erdmann, Alt-Moabit 55c, W-1000 Berlin 21.
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