piwik no script img

■ KommentarForschers Arroganz

KOMMENTAR

Forschers Arroganz

Eßsucht und Eß-Brech-Sucht sind gesellschaftlich verursachte Krankheiten, für deren Behandlung die Frauenbewegung wichtige Pionierarbeit geleistet hat. Es gibt einen feministischen Erklärungsansatz für dieses suchtartige Leiden, das tödliche Folgen haben kann. Es gibt auch Beratungs- und Behandlungsansätze. Aber es gibt kaum Geld dafür, geschweige denn eine Lobby.

Nun kommt die Uni daher und will forschen. Und das gründlich. Da reicht die von zahlreichen Expertinnen geäußerte Vermutung, daß die bloße Verabreichung von Antidepressiva den Frauen mehr schadet als hilft, nicht aus. Da muß erst eine Gruppe von mehreren Dutzend Frauen diesen wenig erfolgversprechenden Weg gehen, der Forschung zuliebe. Dabei begegnet der habilitierte Professor der unerwarteten Kritik mit Arroganz. Bei Bulemia nervosa handle es sich um eine wirklich schwere Erkrankung, der mit Selbsthilfe allein nicht beizukommen sei. Kann sein, daß er recht hat, aber für viele Betroffene gibt es keine andere Hilfe als Selbsthilfe. Deshalb ist es ja auch gut, wenn eine Institution wie das Psychologische Institut sich dieser Krankheit annimmt. Und es ist auch sinnvoll, wenn liebgewonnene Grundsätze einer kritischen Überprüfung standhalten müssen, die generelle Verteufelung von Medikamenten als ergänzende Behandlung beispielsweise. Aber es ist auch wieder mal bezeichnend, daß die Wissenschaft das Erzielen von „gesicherten Erkenntnissen“ über das Wohlergehen der Patientinnen stellt. Die Bedenken, die die Kritikerinnen vortragen, sind so massiv, daß nun etwas passieren müßte, was eigentlich schon vor einem halben Jahr dran gewesen wäre: ein konstruktiver Erfahrungsaustausch von beiden Seiten und die Suche nach Alternativen. Wenn die Uni sich dem verweigert, muß sie sich nicht wundern, daß ihr die Probandinnen davonlaufen. Kaija Kutter

Siehe auch Bericht Seite 22

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen