■ Vorsicht: Wahrheit, keine Satire!
: Arme Krefelder!

Krefeld (taz) – Ich gestehe. Ich, Bernd Müllender, Schreiberling, habe mit meinem taz-Tagesthema vom 14.5. (Der Tod: Ein „besonderes Vorkommnis“) halb Krefeld in Todesangst und Schrecken versetzt, Fahndungen nach Unschuldigen ausgelöst sowie die arme Bundeswehr bösen Verdächtigungen ausgesetzt.

Was passiert ist? Ich hatte anhand der gängigen Dienstvorschriften der Bundeswehr untersucht, was passiert, wenn der erste deutsche Kriegstote nach 1945 zu beklagen ist. Dabei waren widerlich makabre und zynische Zitate en masse ans Licht gekommen betreffend Leichenbergung im Plastiksack, Sargbeschaffenheit, Hinterbliebenenregelung, Trauerfeier, militärisches Ehrengeleit etc. Das Ganze war durchgespielt an der einzigen Erfindung der Geschichte (als „Szenario“ vermeintlich deutlich gemacht): Am 11. August 93, schrieb ich, kommt der 41jährige Stabsfeldwebel Rüdiger Fleuren aus Krefeld in Somalia zu Tode. Er hinterläßt Witwe Christa.

Dramatisch unterschätzt hatte ich Spürsinn und Recherchefreude der Lokalredaktion der Westdeutschen Zeitung in Krefeld. WZ-Redakteur Alexander Alber machte unvermittelt einen ungeheuerlichen Skandal für seine Heimatstadt aus, forschte unerschrocken weiter und erstattete in der Samstagsausgabe vom 22.5. seinen LeserInnen eindrucksvoll Bericht. Unter der Überschrift „Der erste Kriegsgefallene – ein Krefelder“ (fünfspaltiger Aufmacher im Lokalteil, dazu Ankündigung Titelseite) geißelte er ein „Planspiel der Bundeswehr“ und ging – keine Satire – der Frage nach: „Wer ist Rüdiger Fleuren?“

Ausführlich gab der Kollege kund, was ihm die ratlose Hardthöhe mitgeteilt hatte, und vermeldete, daß Fleuren „in Krefeld ein gängiger Familienname ist“. Allerdings: „Unter den 24 gemeldeten Erwachsenen dieses Namens befindet sich kein Rüdiger.“ Das Interview mit dem Plan-Toten fiel aus, doch entdeckte der pfiffige Alber eine leibhaftige Krefelderin namens Christel Fleuren, „deren Vorname dem der Kriegerwitwe in spe (,Christa‘) am nächsten kommt.“ Diese indes erklärte dem WZ-Journalisten, sie habe, Rüdiger betreffend, schon „mehrere Anrufe entgegengenommen“ und erschien ihm „leicht genervt“.

Ich, der Auslöser, ich schäme mich. Ich fahrlässiger Krefeldschänder erkläre mich, im taz-Jargon, zur Gurke der Woche. Und das nächste Mal wähle ich – großes Ehrenwort – als Opfernamen Alexander Alber, damit es keine Mißverständnisse mehr gibt. -müll-