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■ Neuer Sparkatalog mit wiederholten GrausamkeitenAktionismus statt Politik

Kriegserklärungen fangen bekanntlich mit Wortgefechten an. Der Kanzler persönlich geißelte den Wildwuchs bei den Sozialleistungen, seine Familienministerin mahnte bei den Sozialämtern Konsequenzen gegen den Mißbrauch an, und selbst der Arbeitsminister, sonst ein frommer Mensch, zeigte sich über die Ausbeutung des Sozialsystems empört. Seit die Koalitionsspitzen zum neuen Streichkonzert blasen, ist auch klar, wer den Gürtel künftig noch enger schnallen muß: die Armen und Benachteiligten dieser Gesellschaft.

Eiskalt hat der geschlagene Münchner und Bonner Heimkehrer Theo Waigel all jene Grausamkeiten wieder auf seine Sparliste gehievt, die wegen des Widerstands der Gewerkschaften und Sozialdemokraten noch im Frühjahr aus dem Solidarpakt gekippt worden waren. Kürzungen beim Arbeitslosengeld, beim Erziehungsgeld, bei der Mutterschaftspauschale, bei der Ausbildungsförderung und beim Wohngeld stehen im Rahmen eines beispiellosen Sozialabbaus wieder auf dem Plan. Geradezu zynisch stimmt der Chor der Koalitionäre, allen voran Graf Lambsdorff, in den beginnenden Abgesang auf den Sozialstaat ein und sieht bereits schadenfroh ein „Heulen und Zähneklappern“ bei den Betroffenen voraus, während die Zweidrittelgesellschaft einfach nur ihre Besitzstände wahren will.

Doch das neue Spar- und Konsolidierungsgesetz offenbart auch die politische Verzweiflung, mit der die Regierung inzwischen in Sachen Schuldenstaat agiert. Wer nichts als Appelle und schon gar keine Konzepte anzubieten hat, der muß Sündenböcke für sein Versagen präsentieren und damit die Grundlagen des Gemeinwesens gefährden. Mit dem Sozialabbau will sich die konservativ-liberale Koalition Rückendeckung für die fehlgeschlagene Haushalts- und Finanzpolitik verschaffen. So gesehen ist die Neuauflage des „Solidarpakts“ nichts anderes als eine Bankrotterklärung der Regierung. Nicht einmal drei Monate hat das Föderale Konsolidierungskonzept gehalten. Schon die sprachliche Monstrosität „Solidarpakt“ war ein Euphemismus, der Inhalt eine Mogelpackung, nicht mehr als ein schnell zusammengenähter Flickenteppich, der eilig über die Schuldenlöcher gestülpt wurde, in der leisen Hoffnung, diese würden dadurch vielleicht von selbst verschwinden. In Bonn hat blinder Aktionismus längst die Politik ersetzt. Einzig erkennbares Ziel scheint, sich über die Legislaturperiode zu retten. Egal, wer dann die Regierungsmacht innehat: gute Nacht! Erwin Single

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