: Aussperrung contra Betriebs-Blockade
■ Der Arbeitskampf im schleswig-holsteinischen Kfz-Handwerk wird verbissen geführt / Ab Montag auch in Hamburg Streiks
wird verbissen geführt / Ab Montag auch in Hamburg Streiks
Nach Schleswig-Holstein jetzt Hamburg: Am kommenden Montag werden die hiesigen Kfz-Handwerker in den Arbeitskampf eintreten, um den Forderungen der IG Metall — acht Prozent mehr Lohn, 35-Stundenwoche — Nachdruck zu verleihen. In Schleswig-Holstein geht der Streik bereits in die dritte Woche; beide Seiten kämpfen verbissen. Während die Kfz-Unternehmen zum Mittel der „Angriffsaussperrung“ griffen, versucht die IG Metall durch Betriebsblockaden eine Ausdehnung der Streiks zu erreichen.
So auch gestern morgen bei Mercedes Paul Zukowsky in Rellingen: Rund 100 Metaller versammelten sich um sechs Uhr vor dem Lastkraftwagen-Betrieb, um „gegen die rechtswidrige Angriffsaussperrung zu demonstrieren“. Denn obwohl die IG Metall „wegen des christlichen Anlasses“ die Streiks über das Wochenende aussetzte, verfügten die Unternehmer für Pfingstmontag die „Aussperrung“. Hintergrund des absurd anmutenden Konflikts: Wenn die Gewerkschaft die Streiks am ohnehin arbeitsfreien Sonntag aussetzt, muß das Unternehmen den arbeitsfreien Pfingstmontag bezahlen — das entlastet die Streikkasse.
Laut Bundesverfassungsgericht ist eine Aussperrung aber nur dann zulässig, wenn in diesem Tarifbereich gestreikt wird und die Zahl der Ausgesperrten die Zahl der Streikenden nicht überschreitet. Die Aktion war also rechtswidrig. „Wir werden über das Arbeitsgericht den Lohn einklagen“, kündigte IG-Metall-Sekretär Uwe Zabel an.
In puncto Blockade mußte die Gewerkschaft bei Mercedes Zukowsky gestern allerdings passen. Um diese zu umgehen, hatte die clevere Unternehmensleitung ihre Beschäftigten bereits um fünf Uhr morgens in den Betrieb bestellt. Tags zuvor hatten Unternehmen und Betriebsrat vereinbart, daß allen Beschäftigten, so sie sich nicht am Arbeitskampf beteiligen, freiwillig 3,5 Prozent mehr Lohn gezahlt wird — von der 35-Stundenwoche natürlich keine Rede.
Da die Betriebsleitung den IG- Metall-Funktionären gestern den Zutritt verweigerte, kamen die Gewerkschafter zu spät, um den Zukowsky-Mitarbeitern ihre Streikaufrufe zu übergeben. Und obwohl sie eigentlich dazu verpflichtet gewesen wären, weigerten sich die Rellinger Dorf-Sheriffs, den Metall- Sekretären Zutritt zu verschaffen.
Die Gewerkschaft ist über den Betriebsrats-Deal empört. Zabel: „Die IG-Metall-Mitglieder, die in diesem Betrieb Streikbruch betreiben, werden allesamt ausgeschlossen — inklusive der Betriebsräte.“ Es sei unerträglich, daß in einer so schwierigen Situation die Zukowsky-Beschäftigten den Streikenden „dermaßen in den Rücken fallen“. Zudem die Zukowsky-Malocher ja gleichermaßen von Tarifvertrag und Arbeitszeitverkürzung profitierten. Zabel: „Streikbrecher gehören nicht in die Solidargemeinschaft IG Metall.“ Das sahen die vor den Toren versammelten Metaller genauso: „Betriebsrat raus“, hallte es über das Betriebsgelände. Kai von Appen
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