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Elegant bog sich der Lenker

■ Von der klobigen Laufmaschine bis zum gemächlichen Liegerad – Besuch eines Fahrradmuseums

Wenn man diversen Schnellstraßen nicht zu nahe kommt, ist im Wörnitztal gut radeln. Freundliche Wälder und Wiesen, mittelfränkische Kleinstädte, geringe Steigungen. Auf halbem Weg zwischen Dinkelsbühl und Rothenburg ist ein Halt fällig. Biergartentische laden im dörflichen Zumhaus zur Rast – gleich daneben können passionierte Pedaltreter ihren Wissensdurst löschen. Ein altes Brau- und Wirtshaus beherbergt Süddeutschlands einziges Fahrradmuseum, vier Kilometer von der Romantischen Straße entfernt, der die motorisiert Reisenden so viel Romantik nehmen.

Herbert Werner, der Biergartenbesitzer, widmet dem Zweiradklassiker drei Etagen des Gebäudes mit dem hohen Satteldach. Über hundert Stahlrösser hat er gesammelt, die den erstaunlichen Aufstieg eines unkomplizierten Verkehrsmittels anschaulich machen – von der klobigen Laufmaschine anno 1817 bis zum verschmitzt-gemächlichen Liegerad aus Glasfiber. Zu Werners originellsten Erwerbungen zählt ein Känguruh-Fahrrad, so getauft, weil seine Erfindung im Jahr 1884 das Tretlager des Hochrads deutlich nach unten verlegte. Wie auf dem Hochrad kopfüber zu kippen war fortan nicht mehr so leicht möglich – der historische Schritt zum Niederrad geschafft.

„Jede Delle ist für mich ein Stück Geschichte“, sagt der 38jährige Fahrradnarrische über seine Gefährte, denen man ihr ehrwürdiges Alter getrost ansehen soll. Brauner Rost blättert von den eisenbeschlagenen Holzrädern einer 170jährigen Schnellaufmaschine aus Stade bei Hamburg. Sie beweist, daß Radler erst einmal halbe Fußgänger waren: Mit den Füßen auf dem Erdboden stupsend, trieben sie ihren Untersatz an.

Die Balance zu halten war so eine Sache. Wäre er keine festgebundene Kunststoffpuppe, ein zylindertragender Hochradfahrer käme bald mit den groben Bodenbrettern des Museums in Berührung. Ehedem genügte oft eine Baumwurzel auf den naturbelassenen Straßen, und fein gewandete Pedaleure fanden sich einen guten Meter tiefer wieder. Vom stolzen Eigentümer eines schlanken Altmodells steht zu lesen, daß er um 1875 vom Chiemsee bis nach Rosenheim fuhr – heute selbst für Radler ein Klacks, damals eine stramme Leistung.

Zwei gleich große Räder, großes Zahnrad am Tretlager, kleines am Hinterrad, dazwischen eine Kette – fertig war 1885 der Drahtesel, wie er dem simplen Prinzip nach bis heute gebaut wird. Herbert Werner zeigt aus diesen Pionierjahren einen echten „Rover“ aus der englischen Heimat des Konstrukteurs: John Kemp Starley hieß er.

Fahrradhistorie ist in dem Spezialmuseum auch eine Augenlust. Elegant bog sich der Lenker einer „Safety“ nach unten, die Blechgehäuse vernickelter Karbidlampen funkelten, manchen Klingelknopf zierten Jugendstil-Linien. Und strampelten Radler vor hundert Jahren nicht fröhlicher dahin als viele Kilometerhaspler von heute? Originaldrucke an den Wänden und ein munteres Giebelgemälde zeigen hoch zu Rad jauchzende Männer. Vorwärtsstrebende Schaufensterfiguren mit Strohhut verraten ein wenig von den Emanzipationswünschen der ersten Radlerinnen. Frauen, merkten im Fahrradsattel erst so richtig, welchen Zwängen sie zu Fuß ausgesetzt waren. Das Speichenvehikel verhalf ihnen zur Hose – vorher waren Beinkleider für Damen tabu. Franz Schiffer

Fahrradmuseum Zumhaus, Zumhaus 4, 8805 Feuchtwangen, Tel.: 07950-549. Öffnungszeiten: 1.5. bis 30.9., täglich 10–17 Uhr

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