■ Cash & Crash
: Ökonomisches Harakiri

Geld kennt keine Grenzen. Wohin sollen die Milliarden fließen, haben sich die Devisenhändler in letzter Zeit immer öfter gefragt, wenn die deutschen Zinsen auf einen unattraktiven Stand sinken? Die Antwort ist höchst simpel: dorthin, wo höhere Renditen locken. Hunderte von Milliarden hat die internationale Finanzkaravane in der Reservewährung D-Mark angelegt, seit Deutschland seinen ungeheuren Geldhunger auf den Kapitalmärkten stillt. Doch das Vertrauen in Germoney ist futsch, nun wird kräftig umgeschichtet.

Zwar konnten die besser verzinsten Weichwährungen noch nicht in dem Umfang von der D-Mark-Schwäche profitieren, wie es nach der dänischen Maastricht-Zustimmung erwartet wurde. Gegenüber Yen, Dollar, Franken und Franc aber mußte die deutsche Devise bereits nachgeben. Nicht wenige Devisenmakler unken schon, die D-Mark werde auch bald ihren Status als stärkste europäische Währung verlieren. Denn spätestens seit der Währungskrise im letzten Herbst hat sich Westeuropa in Länder mit sehr bescheidenen Wachstumspotentialen und Länder mit relativ guten Stabilisierungsaussichten aufgesplittet. Die erste Gruppe führt Deutschland an; zum zweiten Block zählen vor allem die Abwertungsländer Schweden, Großbritannien und Italien.

Wenn die Konjunktur einbricht, müssen die Zinsen runter. Die Bundesbank aber ziert sich, wie schon so oft, die Ratschläge der führenden Wirtschaftsinstitute auszuführen. Wer jetzt spektakuläre Zinsschritte erwarte, warnte der oberste Währungshüter Helmut Schlesinger, riskiere einen Vertrauensverlust an den internationalen Devisenmärkten. Doch da gibt es nicht mehr viel zu verlieren: Die meisten ausländischen Kapitalinvestoren hat nämlich der Mut verlassen, seit sich herumgesprochen hat, wie sehr sich der große Helmut mit seinem Übernahmeplan heruntergewirtschafteten Bruderlandes DDR verspekulierte. Statt einer Neuauflage des deutschen Wirtschaftswunders beutelt die schwerste Rezession der Nachkriegszeit das wiedervereinigte Land. Und es kommt noch schlimmer: Die Wirtschaft steckt in einer Strukturkrise, während angesichts der Rekordverschuldung nichts als der Weg in den Steuer- und Abgabenstaat übrigbleibt. Unpässlicher könnte die Lage nicht sein: Ein Land, das auf seine Kapitalimporte angewiesen ist und dessen fundamentale Finanz- und Wirtschaftsdaten derart in Unordnung geraten sind, muß den Kapitalabfluß gar nicht zinspolitisch provozieren - es reicht schon, die wilden Grafiken und ein Foto des Bonner Kassenwarts Theo Waigel herumzureichen. Wer würde dem Mann auch noch einen Dollar pumpen? Erwin Single