„Mein Herr Vater“

■ Kambodscha: Regierungsvertreter in „autonomen“ Provinzen drohen UNO

Phnom Penh (AFP/taz) Heute soll in Kambodscha die verfassunggebende Versammlung zum ersten Mal zusammentreten, die aus den Wahlen von Ende Mai hervorging. Die letzten Entwicklungen in dem südostasiatischen Land lassen befürchten, daß eine friedliche Einigung der noch amtierenden Regierung und der siegreichen Oppositionspartei FUNCINPEC noch in weiter Ferne liegt. Nachdem am Freitag die siebte Ostprovinz ihre Abspaltung von Phnom Penh angekündigt hat, erklärte Vizepremier Chakrapong am Wochenende, diese Region unter dem Namen „Autonome Zone Mein Herr Vater“ werde sich gewaltsam gegen eine Übergabe der Macht wehren. Prinz Norodom Chakrapong gehört zusammen mit dem Minister für Nationale Sicherheit, Son Seng, zu den Anführern der Sezessionsbewegung. Er ist zugleich Sohn des kambodschanischen Übergangspräsidenten Prinz Norodom Sihanouk. Sein Hauptgegner ist im Augenblick Prinz Norodom Ranariddh, sein Halbbruder, der die FUNCINPEC-Partei anführt, die bei den Wahlen Ende Mai 58 der 120 Sitze in der verfassunggebenden Versammlung erzielte und damit zur stärksten Kraft wurde.

Nachdem Chakrapong die UN- Übergangsverwaltung am Samstag gewarnt hatte, UNO-Personal und Blauhelme seien in den abgespaltenen Provinzen nicht mehr geduldet, hat UN-Sprecher Eric Falt angekündigt, die UNO werde ihr Personal in den betroffenen Provinzen reduzieren.

Prinz Ranariddh hatte zuvor dazu aufgefordert, die betroffenen Provinzen mit Gewalt zu befreien. Militärexperten schätzen die Stärke der bewaffneten Verbände der FUNCINPEC auf 5.000 bis 8.000 Mann, während die Regierungstruppen zwischen 50.000 und 100.000 Soldaten mobilisieren können. FUNCINPEC-Abgeordneten zufolge wurden in der abtrünnigen Provinz Svay Rieng 110 Büros der Partei von Regierungssoldaten in Brand gesteckt.

Ranarridh bestätigte, daß sich 200 seiner Anhänger in der Ostprovinz Kompong Cham in Gebiete geflüchtet hätten, die von den kommunistischen Rebellen der Roten Khmer kontrolliert würden. Prinz Sihanouk selbst rief unterdessen in einer Fernseh- und Rundfunkansprache dazu auf, Ruhe zu bewahren und die Menschenrechte in Kambodscha zu achten. Ranarridh erneuerte unterdesen sein Angebot an die Regierungspartei, die 51 Sitze in der verfassunggebenden Versammlung errang, eine gemeinsame Übergangsregierung zu bilden.