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„Wo ist der politische Wille?“

■ Konflikte auf der UN-Menschenrechtskonferenz in Wien

Wien (dpa/AP/wps) – Wie sehr sie die MenschenrechtlerInnen in ihren eigenen Ländern fürchten, zeigten gestern die offiziellen TeilnehmerInnen an der UN-Menschenrechtskonferenz: Sie schlossen die rund 1.000 nichtregierungsgebundenen Menschenrechtsorganisationen (NGO) von der Vorbereitung des Abschlußdokuments aus. Die Beratungen sollen nun hinter verschlossenen Türen stattfinden. Vor allem China, Indonesien, Bangladesch, Malaysia, Kenia, der Iran und Syrien hatten Einspruch gegen die Anwesenheit der NGO erhoben.

Der dritte Tag der UN-Menschenrechtskonferenz begann mit einem dramatischen Appell der UNO-Hochkommissarin für Flüchtlinge: Angesichts der steigenden Flüchtlingszahlen in der Welt habe ihre Organisation weder genug Geld noch Möglichkeiten, allein mit dem Problem zurechtzukommen, sagte die Japanerin Sadako Ogata in Wien.

Wie zuvor fast alle RegierungsvertreterInnen bei dieser Konferenz wies sie auf die verzweifelte Lage im nahegelegenen Ex-Jugoslawien hin. Sie verurteilte auch die zunehmenden Angriffe auf Asylsuchende in Europa und fügte hinzu: „Wenn wir nicht Mut und politische Führungskraft beim Widerstand gegen diese gefährlichen Trends beweisen, werden nicht nur die Flüchtlinge, sondern die Grundlagen der demokratischen Gesellschaft das Opfer sein.“

Am Abend zuvor hatte der bosnische Außenminister Haris Silajdzis die Versammlung mit der Frage konfrontiert, wie sie es zulassen könne, daß die muslimische Bevölkerung in seinem Lande – nur wenige hundert Kilometer vom Konferenzort entfernt – ermordet werde. „Menschenrechte. Wo sind die Menschenrechte? Wo ist der politische Wille?“ fragte der Bosnier sein erstarrtes Publikum. „Ich verlange im Namen der Teilnehmer, im Namen der Menschheit, weil dies ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist, daß Schritte unternommen werden, um den Genozid wenigstens in einer Stadt aufzuhalten, in Goražde“, sagte er. „Dies ist der Test. Wenn dies nicht geschieht, dann glaube ich nicht, daß noch irgend jemand von uns bei der internationalen Gemeinschaft Glaubwürdigkeit hat.“

Sein chinesischer Amtskollege Liu Huaqi – dessen Regierung offensichtlich ohne Furcht vor Glaubwürdigkeitsverlust den Auftritt des tibetischen Dalai Lama bei der offiziellen Konferenz verhindert hatte – wiederholte am Dienstag abend mit aller Deutlichkeit, daß er von „Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten“ nichts hält. Es könne nicht angehen, daß einige Länder ihre Vorstellung von Menschenrechten für die einzig gültige hielten und verlangten, daß alle anderen Staaten diese übernähmen, sagte Liu. Wichtig sei es, das Recht auf Entwicklung und Fortschritt in allen Ländern zu garantieren.

Der in den Augen der Pekinger Regierung so unliebsame Dalai Lama, widersprach dieser Position. Vor über 1.200 Zuhörern sprach er unter freiem Himmel, der sich rasch mit Regenwolken zuzog. Natürlich sei es falsch, verschiedene Auffassungen über die Menschenrechte gelten zu lassen, da „wir alle gleich sind“. Ferner sagte er, er sei bereit, über die Unabhängigkeit des 1950 von China besetzten Tibets „zu jeder Zeit und an jedem Ort“ trotz des Verbots des chinesischen Altpolitikers Deng Xiaoping zu sprechen.

Als dann ein Sturzregen über das Publikum niederging und auch die von amnesty international verteilten Schirme nichts mehr nutzten, da brach der Dalai Lama seinen Vortrag ab und forderte die Anwesenden freundlich auf, sich abzutrocknen und nach Hause zu gehen.

Der Palästinenserführer Jassir Arafat wiederum lehnte ein Recht der UNO bei Menschenrechtsverletzungen ab. Mit der Schwächung der Souveränität von Ländern in Asien, Afrika oder Lateinamerika versuchten die mächtigen Industriestaaten, ihre wirtschaftliche und politische Vormachtstellung zu halten, sagte Arafat gestern. Zugleich aber warf er der internationalen Gemeinschaft vor, nichts gegen die „Verbrechen“ der Israelis an den Palästinensern zu unternehmen.

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