Im Osten geht die Sonne auf

■ Erstaunlich rosige Lage bei privatisierten Treuhand-Firmen

Leipzig (taz) – „Würden Sie Ihren Betrieb noch einmal kaufen?“ fragten die Unternehmensberater von Price Waterhouse 81 Investoren in Ostdeutschland. Nur 14 Prozent antworteten, daß sie den Vertrag mit der Treuhand am liebsten ungeschehen machen möchten. Erstaunlich rosig erscheint die Situation der Unternehmen in den neuen Bundesländern, schenkt man der Studie Glauben, die gestern in Leipzig vorgestellt wurde. Denn nicht nur drei Viertel der Chefs schätzen ihr Engagement als erfolgreich ein. Immerhin fast die Hälfte der untersuchten ehemaligen Treuhandunternehmen erreichten tatsächlich im Branchenvergleich mit westdeutschen Firmen ähnlich hohe Werte bei Produktivität, Rentabilität und Investitionen.

„Sogar in den Krisenbranchen gibt es erfolgreiche Firmen“, sagte Wolfgang Paul Krause von Price Waterhouse. Wichtig sei zunächst, daß schon vor dem Kauf eine betriebswirtschaftliche Analyse des avisierten Unternehmens stattgefunden habe. „Eigentlich selbstverständlich, aber so mancher westdeutsche Unternehmer hat das vernachlässigt“, berichtet der Berater. Ausländische Investoren hätten hier fast immer gute Arbeit geleistet, schon weil die Treuhand bei ihnen kritischer nachgefragt hätte. Und auch nach der Privatisierung schneiden die Unternehmer ohne deutschen Paß überdurchschnittlich gut ab. Der Grund: Sie führen ihre Firma vorwiegend als unabhängige Einheit und betrachten sie nicht als verlängerte Werkbank des Mutterunternehmens, wie so mancher Westdeutsche. In der gegenwärtigen Situation sei nämlich mit einer bloßen Mengenausweitung nicht viel zu gewinnen; Erfolg verspreche allein das Aufspüren von Nischen- und Lokalmärkten.

Mittelständische Unternehmen konnten sich wesentlich besser auf diese Situation einstellen als Großunternehmen. Und wer zuerst einen geschützten lokalen Markt geortet hat, profitiert am meisten: 70 Prozent der erfolgreichen Privatisierungen wurden schon vor der Jahresmitte 1991 abgeschlossen, fanden die Price Waterhouse- Leute heraus – keine gute Reklame für die Ladenhüter aus dem Hause Breuel.

Als wichtigsten Faktor für ihren Erfolg nannten die Investoren die Tüchtigkeit und den Bildungsstand der Angestellten – der übriggebliebenen wohlgemerkt, denn in der Industrie Ostdeutschlands gibt es nur noch ein mageres Viertel der Jobs, die es zu DDR-Zeiten noch gab. Probleme sehen die meisten Manager selten bei sich selbst, obwohl die Berater häufig eine Vernachlässigung von Marketing und Vertrieb feststellten. In erster Linie wurden externe Faktoren als Hemmnisse für einen florierenden Betrieb angeführt. Außer Markt und Rezession nannten die Menschen aus den Chefetagen vor allem mangelnde Infrastruktur und bürokratische Hürden. „Wir brauchen 10 Telefone, haben aber nur 3. Und bei Gewitter oder Regen funktioniert höchstens noch ein einziges“, kritisiert Gerd Schlosske, Geschäftsführer der ad Augros, dessen 210 Angestellte KFZ-Teile vertreiben. Und wegen der unklaren Eigentumsverhältnisse habe seine Firma erst eines von neun Grundstücken verkaufen können, die die Treuhand als Kompensation für die Altschulden mitgegeben hatte. Annette Jensen