: Warnstreik in Kitas
■ ErzieherInnen und GEW protestieren gegen die geplanten Gruppenvergrößerungen in den Kindertagesstätten
Die Glastüren der Kindertagesstätte „Holzmarktstraße 2“ blieben gestern morgen verschlossen. Vor ihnen saßen die Erzieherinnen auf Kinderstühlchen. Sie streikten, um gegen die geplante Erhöhung der Gruppengrößen von 15 auf bis zu 18 Kindern zu protestieren. „20 bis 25 Kinder in einer Gruppe, das hatten wir vor 1989 schon“, sagt Erzieherin Kirstin Weißbach. Da hätte man die Kinder nur „aufbewahren“ können. Auch die Eltern, die um neun ihre Sprößlinge bringen, bejahen den Streik. „Die Diäten können sich die Politiker erhöhen, aber auf Kosten der Kinder wollen sie sparen“, sagt ein Vater. Eine Mutter wehrt sich gegen größere Gruppen. „Für die Kinder ist es anstrengend genug, mit 14 anderen zusammenzusein.“
In ganz Berlin blieben gestern 353 Kitas von sechs bis neun Uhr geschlossen. Etwa 300 ErzieherInnen aus 21 streikenden Kitas in Mitte versammelten sich um acht Uhr vor dem Roten Rathaus zu einer Kundgebung von GEW, ÖTV, der Jugendstadträtin von Mitte und verschiedenen Elternverbänden. Der Schwerpunkt des Kita- Streiks lag in Westberlin. In Kreuzberg streikten alle 39 Kitas, in Schöneberg 23 von 28 und im Wedding immerhin 23 von 41.
Die Proteste richten sich gegen eine Senatsvorlage aus der Jugendverwaltung. Um den ab 1996 geltenden Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz zu verwirklichen, muß Berlin 18.000 neue Plätze bereitstellen. Die Senatsverwaltung sieht Neubauten, Förderung von Elterninitiativkitas und betriebsnaher Einrichtungen vor sowie die Vergrößerung von Kitagruppen. Auch sollen Hortplätze an Schulen verlagert werden, wodurch neue Plätze im Kindergartenbereich entstünden.
„Dieser Warnstreik ist ein Signal“, sagte Erhard Laube, Vorsitzender der Berliner GEW, die zu dem Streik aufgerufen hatte. Vor allem kritisiert die GEW die Überbelegungen. Der Rechtsanspruch dürfe nicht zu Lasten der Kinder und Erzieherinnen durchgesetzt werden. Die Unterbringung von Hortkindern an Schulen hält sie für problematisch. Ein normaler Klassenraum könne nicht für sinnvolle Freizeitaktivitäten genutzt werden. Die GEW fordert eine Erweiterung des Neubauprogramms, die Aufstellung mobiler Räume und eine tarifvertragliche Festlegung der Gruppengrößen und des Personalschlüssels. Auch solle der Bund sich an dem von ihm geforderten Platzausbau beteiligen.
Jugendsenator Thomas Krüger (SPD) warf der GEW Panikmache vor. „Berlin ist eines der wenigen Bundesländer, das den Rechtsanspruch ohne Verschlechterung des pädagogischen Standards verwirklichen will“, so Krüger. Nur wenn in den Grundschulen ein entsprechendes Platzangebot entwickelt werde, würden Hortplätze in Kindergartenplätze umgewandelt. Auch sei eine Vergrößerung der Gruppen nur in räumlich geeigenten Kitas geplant, für die gleichzeitig zusätzliches Personal bereitgestellt werde. Dadurch entstünden sogar 250 neue Arbeitsplätze für Erzieherinnen. cor
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