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Genußfreudiges und Typisches

Unprätentiöse Darstellung einerseits, der geschenkverdächtige Hochglänzende andererseits  ■ Von Karl Anton & Vororth

Nicht schön, aber nützlich sind sie, die Reiseführer aus dem Oase- Verlag, die etwas geschmäcklerisch als „Landschafts- und Erlebnisführer“ daherkommen. Sie haben zwischen 200 und 400 Seiten, kosten von 29 bis 36 Mark, und passen von Format und Umfang her gerade noch in die Jackentasche.

Spezialisiert ist der Verlag auf ausgewählte Regionen Frankreichs und Italiens: Toskana, Umbrien, Cinque Terre; Provence, Roussillion, Beaujolais etwa. Irland, Island und die Türkei gibt es im Stück, Gourmetführer über Freiburg sowie das südliche Elsaß vervollständigen das Programm.

Die einzelnen Bände sind unterschiedlich strukturiert, weisen aber gleiche Schwerpunkte auf:

Etwa ein Fünftel jedes Buches bietet Basiswissen, „Land und Leute“, geographische, geschichtliche, politische und ökonomische Fakten der Region, wobei neben den gängigen Lexikoninformationen unerwartete Stichpunkte auftauchen: „Politische Fehlurteile in Irland“, „Land-art an der Rivera“, „Ausverkauf der Provence“.

Hinzu kommt der übliche Service, ein Glossar über Formalia und Freizeitangebote von „Angeln“ bis „Zeitungen“.

Auf den vielen restlichen Seiten handeln die Autoren ihre Reisegebiete ab. Städte werden mit ihrer Geschichte und ihren Sehenswürdigkeiten vorgestellt. Vorschläge für Wanderungen und Ausflüge sind eingestreut, und immer wieder mal werden in – manchmal sehr klugen und fundierten – Exkursen lokale Besonderheiten gewürdigt, sei dies die Herstellung von irischem Whiskey, die Verseuchung der Camargue durch das Schrotblei der Jäger oder die Geheimnisse des Weinbaus am Kaiserstuhl.

Vor allem aber dienen die Führer mit Anschriften von Hotels, Jugendherbergen, Campingplätzen, Museen, Restaurants, Geschäften. Stets mit einer kurzen kritischen Charakteristik des Angebots, mit Angabe von Preisniveau und Telefonnummer. Tips für Freunde des Fahrrads wie der Vollwertnahrung, aber auch der Haute Cuisine und der schönen Innenarchitektur. Unübersehbar, daß der Verlag nicht nur kenntnisreiche, sondern mindestens genauso genußfreudige Autoren und Autorinnen versammelt hat.

Von sehr unterschiedlicher Qualität sind dagegen die Schwarzweißfotos (es gibt keine farbigen). Ärgerlich ist das Fehlen eines ausführlichen Stichwortverzeichnisses und einer richtigen Übersichtskarte; die vorhandenen Kartenskizzen sind kein Ersatz. Vollkommen überflüssig schließlich die Eß-, Schlaf- und Trink-Hitparaden am Ende jedes Buches namens „Ausgewählte Oasen.“

Sauberes Kopf- und Handwerk. Solide, sachkundige, unprätentiöse Handbücher.

Oase-Verlag, Badenweiler, 29 bis 36 Mark

Wer zum erstenmal in ein unbekanntes Land reist, nur begrenzt Zeit zur Verfügung hat und sichergehen will, daß er tatsächlich das „Typische“ kennenlernt, der ist mit den Reiseführern des Vista Point Verlags bestens bedient.

Die Bücher schlagen bestimmte Reiserouten für 10, 20, oder 30 Tage vor und teilen sie in entsprechende Tagesabschnitte ein – allerdings sind es, sowohl was die Auswahl der Straßen als auch die Zahl der gefahrenen Kilometer angeht, Routen nur für Auto- und evtl. Motorradfahrer.

Der Straßenverlauf wird stets sehr korrekt, manchmal pingelig genau angegeben. Jeder Reisetag beginnt mit einem Infoteil: eine kleine Karte der Tagesroute, Kilometerangaben, eine grobe Zeiteinteilung, auch Vorschläge für Alternativrouten oder Abstecher. Dazu Adressen: Unterkunfts- und Verpflegungsmöglichkeiten, Aussichtspunkte, Sportstätten, Sehenswürdigkeiten mit Öffnungszeiten, besondere Spektakel zu besonderen Terminen.

Eine ausführliche Beschreibung der Tagesreise schließt sich an, garniert mit opulenten, meist sehr stimmungsvollen Farbfotos.

Ein jeder Band fängt mit einer Einführung in die Geschichte des Reiselandes an. Weiterführende Essays und Reportagen, die die persönliche Handschrift der Autorinnen und Autoren erkennen lassen, bieten ungewöhnliche Blickwinkel etwa auf so gängige Touristenattraktionen wie den Stierkampf in Andalusien, die Fischerei auf den Lofoten oder den Asterix- Nationalismus der Bretonen.

Der Vorteil der Beschränkung auf eine bestimmte Route liegt auf der Hand: Ausführlichkeit, Genauigkeit. Der Nachteil ebenso: die Auswahl ist subjektiv; Schönes, was abseits der befahrenen Strecke liegt, bleibt unerwähnt.

Der Serviceteil am Ende jedes Buches enthält Angaben zur Reiseplanung, allgemeine Reisetips und eine kleine Sprachhilfe.

Eine aktuelle Übersichtskarte in der vorderen, ein historischer Stich in der hinteren Umschlagsseite und ein Orts- (aber kein Stichwort-)Verzeichnis ergänzen die Führer.

„Zuhause“ ist Vista Point vor allem in den verschiedenen Regionen der USA, in Mittel- und Südamerika und mehreren Gegenden Frankreichs. Portugal, Andalusien, Norwegen, die griechischen Inseln runden das Programm ab. Die Bände haben zwischen 200 und 300 Seiten und liegen im Preis zwischen 40 und 50 Mark.

Von Umfang und Format her kleinere Führer durch deutsche, europäische und nordamerikanische Städte kosten zwischen 15 und 20 Mark.

Alles in allem: Bücher, die die vielzitierte Lust wecken, sofort einzupacken und abzufahren. Und: Hochglanz-Geschenke.

Vista Point, Köln, 40 bis 50 Mark

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