■ Das Verfassungsrecht auf politisches Asyl tritt außer Kraft
: Asyl ohne Asylrecht
Mit dem 1. Juli hat in Europa die Phase einer nationalen Asylpolitik ihr Ende erreicht. Schon längst wurde mit Schengen, Dublin und Maastricht eine Abschottung gegenüber Flüchtlingen betrieben, bei der die Bundesrepublik eine führende Rolle gespielt hat. „Harmonisierung“, nannte man diese Kakophonie, die zum Zusammenbruch des internationalen Schutzes für Flüchtlinge führen könnte.
Die Bürgerrechtsbewegung für Flüchtlinge – sie ist viel breiter als das Spektrum, das „Pro Asyl“ abdeckt – muß jetzt den längst überfälligen Schritt nach Europa vollziehen. Wir haben in der Bundesrepublik einen verzweifelten Kampf gegen den Abbau des Asylrechts geführt, wissend, daß die wichtigsten Entscheidungen bei mehr oder weniger geheimen Konferenzen zuletzt in London gefallen waren. Europa bedeutet dann nicht nur die Europäische Gemeinschaft, sondern auch das Europa der „sicheren Drittstaaten“.
Es wird darum gehen, auf der Basis der Genfer Flüchtlingskonvention und mit maßgeblicher Unterstützung des Hochkommissariats für Flüchtlinge einen neuen Ansatz für eine Harmonisierung nach oben zu machen, das heißt einheitliche Verfahren nach einheitlichen Kriterien mit einem einheitlichen Rechtsschutz. Vor allem muß einheitlich geregelt werden, daß Flüchtlinge noch eine Zugangschance nach Europa haben und während ihres Verfahrens im Aufnahmeland bleiben können.
Eine besondere Aufgabe sieht „Pro Asyl“ darin, Initiativen zu ermutigen, die rechtlos gestellten Flüchtlingen, die bei einer Ausweisung Gefahr für Leib und Leben oder schwere Menschenrechtsverletzungen befürchten müssen, durch das Kirchenasyl oder andere Formen persönlicher Asylgewährung doch noch zu ihrem Recht zu verhelfen suchen. Dies bezieht sich u.a. auf Kurden aus der Türkei und auf Roma, die als Minderheit in Südosteuropa durch wachsenden Nationalismus und Rassismus bedroht sind. Ihnen muß auf nationaler Ebene ein Bleiberecht eingeräumt werden. In Europa sind für das Volk der Roma auf der Grundlage internationaler Abkommen spezifische Minderheitenrechte, unter anderem das Recht auf Freizügigkeit durchzusetzen.
Das Aufgabenprofil für die Flüchtlingssolidarität hat sich verändert, die Anforderungen sind noch härter als bisher! Herbert Leuninger
Sprecher der Flüchtlingshilfsorganisation „Pro Asyl“