: BND-Mann schnüffelte im Bremer Innenressort
■ Deutsche Auslands-Spionage sammelte bis 1987 ganz offiziell und offen Nachrichten über Bremer SPD-Politik
Der Bundesnachrichtendienst ist ein Auslands-Abwehrdienst der Bundesrepublik hat deshalb seine Nase in innere Angelegenheiten der Bundesrepublik nicht hineinzustecken. Nur unter dieser Bedingung hatte die neue Demokratie nach dem Ende des Nationalsozialismus einen derartigen Dienst eingerichtet - offiziell und angeblich zu Abwehrzwecken. Für den inneren Schutz der Demokratie wurde der Verfassungsschutz eingerichtet, der den Innebehörden der Länder angegliedert ist.
Daß diese Trennung im sozialdemokratischen Lande Bremen so eng nicht gehandhabt wurde, geht jetzt aus einer kleinen Notiz in einem Buch über den BND hervor, in dem der BND als „unheimliche Macht im Staate“ bezeichnet wird. Autor Erich Schmidt-Eenboom berichtet, daß in Bremen bis 1987 der BND sein Quartier beim Senator für Inneres hatte.
„In allen alten Bundesländern“, so der Buchautor, gebe es „Landesverbindungsreferenten“ des BND. Die halten den offiziellen Kontakt zu den regionalen Behörden und besorgen hin und wieder mal falsche Pässe, wenn jemand von außen unerkannt eingeschleust werden muß. Selbstverständlich arbeiten auch die BND-Leute selbst verdeckt mit Legende und treten nicht offiziell in ihrer Funktion auf. In die inneren Angelegenheiten haben sie ihre Nase allerdings nicht zu stecken - nach dem Gesetz.
In Bremen hatte der entsprechende BND-Mann, Oberstleutnant von Horn, sein Büro vertraulich beim Innensenator Parterre. Der Pressesprecher des damaligen Innensenators Kröning erinnert sich genau an den Vorgang: Als Kröning im Dezember 1983 das Amt übernahm, „haben wir das vorgefunden“, sagt er, „lange Jahre“ schon muß es so gewesen sein. Das BND-Büro war streng abgeschottet gegen den Rest des Hauses, aber natürlich wußte man das, intern. Oberstleutnant von Horn konnte also sozusagen auf dem Flur ganz kollegial und intern die Leute vom Verfassungsschutz beiseite nehmen oder andere Mitarbeiter des Bremer Innenressorts ansprechen.
Drei Jahre später dann, 1987, „wurde die Trennung von BND und Innenressort vollzogen“ und damit der verfassungsrechtlich bedenkliche Zustand beendet, so Hartwig. Der Innensenator benutzte einen Trick, um den Schlapphut rauszusetzen: Er meldete Raumbedarf an, kündigte also sozusagen wegen „Eigenbedarf“. Die BND-Stelle zog in eine Bundeswehrliegenschaft.
In Wahrheit steckte hinter der formalen Kündigung die Tatsache, daß der BND- Oberstleutnant der Versuchung der räumlichen Nähe erlegen war und mehrfach versucht hatte, die Mitarbeiter des Innenressorts auszuhorchen. Dabei geriet er auch an den für Bundesratsangelegenheiten zuständigen Hartwig. „Es standen damals pikante Themen der Inneren Sicherheit auf der Tagesordnung“, erinnert sich Hartwig. Zwar ist der Pressesprecher selbst Hauptmann der Reserve, aber Loyalität zur Verfassung und zu seinem Senator überwog gegen die Bundeswehr-Kameradschaft. Hartwig: „Ich habe sofort dicht gemacht“.
Nachdem der BND-Mann davon offenbar unbeeindruckt bei der nächsten Gelegenheit wieder dumme Fragen stellte, die vom gesetzlichen Auftrag des BND nicht gedeckt waren, berief Hartwig alle Referenten des Hauses zu einer kleinen Dienstversammlung: „Wir haben damals klargestellt, daß da keine Auskünfte zu geben sind.“
Der Konflikt blieb streng vertraulich, intern wurden Konsequenzen gezogen: Kündigung wegen Eigenbedarf. K.W.
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