: Kabale um das Schiller Theater
■ betr.: "Ein bürgerliches Trauerspiel", taz vom 25.6.93
betr.: „Ein bürgerliches Trauerspiel“, taz vom 25.6.93
Es ist wie in den ehemaligen Ostblockstaaten. Der Staat ist so marode, daß er seinen beherrschenden Einfluß auf die Kultur aufgeben will. Die Kulturschaffenden werden in die Freiheit entlassen, sprich emanzipiert. Und was tun sie? Anstelle sich nunmehr des Neubeginnes zu besinnen, schreien sie nach weiterer Abhängigkeit, denn das ist bequem.
Die Entscheidung des Kultursenators Roloff-Momin geht in die richtige Richtung. Nur fehlt die nötige Konsequenz. Alle Kultur- und Bildungseinrichtungen müssen sich selbst verwalten und völlig unabhängig vom Staat sein. Überlaßt die Schulen, die Universitäten, die Theater etc. sich selbst. Da wird sich dann schnell die Spreu vom Weizen trennen. Denn nur derjenige, der aus seinen eigenen Impulsen Kultur entwickelt, kann die anderen Menschen frei lassen. [...] Ralf-M. Degner, Berlin
So berechtigt die Wehklage über den „Mordfall“ Schiller Theater ist, so falsch erscheinen Subventionen, die angesichts des Sparzwangs in voller, gewiß überzogener Höhe weiterlaufen.
Zu Shakespeares Zeiten, als das Theater eine Hochblüte hatte, traten die Schauspieler auf einem einfachen, kahlen Bretterboden auf. Wo die Szene spielte, etwa auf der Schloßtreppe, konnte der Zuschauer einer seitlich aufgestellten, entsprechend beschrifteten Tafel entnehmen. Heute muß die Schloßtreppe königlich in solider Schreinerarbeit stilgerecht nachgebaut werden, um nach Gebrauch auf dem Sperrmüll zu landen. Dazu braucht's festangestellte Handwerker und eine eigene Werkstatt.
Ich bin für ein sinnvolles Sparprogramm auch hier und eine neue Blüte alter Shakespearescher Art. Dr. A. Bauer,
Garmisch-Partenkirchen
Ein Senat muß das knapp bemessene Geld verteilen, Entscheidungen treffen angesichts einer Gesellschaft, in der fast jede Gruppe, jede Einzelperson nur an die eigenen Interessen denkt. Wer schreit am lautesten, wer hat die schlagkräftigste Lobby...?
Wo bleibt der Aufschrei in Berlin, weil die Gruppengröße in den öffentlichen Kindertagesstätten von 15 auf 18 Kinder pro Gruppe erhöht werden soll? Eine Entscheidung, die, abgesehen von räumlichen Problemen, pädagogische Arbeit in den Gruppen fast unmöglich macht. 18 Kinder, die mit all ihren Problemen, Anspannungen, berechtigten Bedürfnissen viele Stunden des Tages (bis zu elf Stunden) aufeinandertreffen. Wie kann man diesen Kindern in einer solch großen Gruppe noch gerecht werden?
In dieser Stadt fehlt das Geld in der Kinder- und Jugendarbeit an allen Ecken und Enden (Kitas, Jugendförderung, Kinder- und Jugendbibliotheken etc.). Spektakuläre Sonderprogramme schaffen kaum Abhilfe. Kinder und Jugendliche stellen einen hohen Prozentsatz der Bevölkerung dar: Wo ist ihre schlagkräftige Lobby?
Eine Gesellschaft, orientiert an Erwachsenen: 26 Millionen jährlich für das Schiller Theater und 30 DM jährlich für Spiel- und Bastelmaterial pro Kita-Kind. Gisela Rhein-Polat, Berlin
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