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Einreisekontrollen mit Maschinenpistole

■ Neues Asylrecht: 88 exterritoriale Betten auf dem Frankfurter Flughafen

Frankfurt/Main (taz) – Seit exakt einer Woche ist der zum Gesetz erhobene „Asylkompromiß“ zwischen CDU/CSU/FDP und SPD in Kraft. Und seit exakt einer Woche hat sich am Frankfurter Rhein-Main-Flughafen (fast) nichts geändert: Das „zentrale Einfalltor für Flüchtlinge“ (CDU) verfügt weder über die im „Asylkompromiß“ festgeschriebenen 600 Erstaufnahmeplätze auf exterritorialem Gelände. Die für die Schnellverfahren erforderliche Anzahl von Verwaltungsrichtern wird erst ab August zur Verfügung stehen. Und auch um die Übernahme der Kosten in zweistelliger Millionenhöhe für die Schaffung der geforderten zusätzlichen Aufnahmekapazitäten streiten sich nach wie vor das Land Hessen und die Flughafen AG (FAG) auf der einen und der Bund auf der anderen Seite.

Sorgen um das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland macht man sich inzwischen nicht nur bei der weltoffenen Flughafen AG. Auch im hessischen Ministerium für Jugend, Familie und Gesundheit stoßen die Personenkontrollen einreisender AusländerInnen „nach Augenschein“ durch Beamte des Bundesgrenzschutzes (BGS) auf Kritik. Wenn etwa japanische Banker oder Geschäftsreisende aus Schwarzafrika noch vor der normalen Paßkontrolle von Beamten mit Maschinenpistolen beim Verlassen der Flugzeuge „aussortiert“ würden, sei das dem Deutschlandbild im Ausland „sicher nicht gerade zuträglich“, meinte Staatssekretär Alexander Müller (Die Grünen). Müller bestätigte gegenüber der taz Angaben der FAG, wonach bislang im Transitbereich des Flughafens nach wie vor 88 Betten für Flüchtlinge zur Verfügung stehen würden. In einem geräumten Bürotrakt, der zum exterritorialen Gelände erklärt wurde, sollen demnächst weitere 50 Betten aufgestellt werden, sagte Müller. Allerdings müsse hier noch mit der Stadt Frankfurt über eine Änderung des Nutzungskonzeptes verhandelt werden. Von 600 Aufnahmeplätzen könne dagegen überhaupt nicht die Rede sein – „das sieht man inzwischen wohl auch in Bonn ähnlich“ (Müller).

Im Transitbereich des Flughafens traten gestern nach Angaben aus dem Ministerium 50 Flüchtlinge aus Sri Lanka, Pakistan, Togo, Ghana und Liberia in den Hungerstreik. Weil etwa Ghana auf der Liste der „sicheren Herkunftstaaten“ stehe, sei den Schwarzafrikanern die Einreise verweigert worden. Die anderen Flüchtlinge hätten keine Pässe vorweisen können: alle ab ins Transitlager. Nach den Bestimmungen des neuen Asylrechts können die in den Hungerstreik getretenen Flüchtlinge ihren Asylantrag nur noch „von außen“ stellen. Ihnen droht jetzt die umgehende Abschiebung durch den BGS.

Ein sogenanntes Flughafengericht wird es nach Auskunft der hessischen Justizministerin Christine Hohmann-Dennhardt (SPD) nicht geben. Bislang sollen fünfzehn im Asylrecht erfahrene VerwaltungsrichterInnen von Frankfurt aus die Akten bearbeiten. Im August sollen sich acht weitere Richter zusätzlich ausschließlich mit den Asylverfahren Rhein-Main-Flughafen beschäftigen. Von der FAG war zu hören, noch seien die Probleme „bewältigbar“, weil sich die Zahl der einreisenden Flüchtlinge von Woche zu Woche „merkwürdigerweise“ (FAG) kontinuierlich verringert habe. Klaus-Peter Klingelschmitt

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