Stiftengehen mit Oskar

Für die bankrotte Saarstahl AG will das Saarland 87 Millionen Mark lockermachen / Bestehende Sozialpläne werden gekündigt  ■ Aus Saarbrücken Frank Thewes

Der drohende Konkurs der Saarstahl AG wird teuer – für das Saarland, aber auch für die Arbeitslosen des Konzerns. Die verlorenen Arbeitsplätze sollen mit Sozialplänen kompensiert werden. Der Landtag hat gestern einen Nachtragshaushalt verabschiedet, der kurzfristig 30 Millionen Mark für bereits bestehende und neue Hilfen für die Stahlkocher zur Verfügung stellt. Darüber hinaus soll der Finanzminister weitere 87 Millionen Mark für das Unternehmen ausgeben dürfen – wenn der Haushaltsausschuß zustimmt.

Bereits Anfang August sollen 2.500 der insgesamt 7.200 Saarstahl-Beschäftigten ihre Jobs verlieren. Weitere Entlassungen gelten als sicher. Für den Nachtragshaushalt, der die Neuverschuldung des Pleite-Bundeslandes um 15 Prozent erhöht, stimmte die SPD- Mehrheit sowie der CDA-Landesvorsitzende Willi Gehring.

CDU und FDP lehnten den Etat ab, weil damit dem Finanzminister ein „Blankoscheck“ für mehrere Jahre ausgestellt werde. Trotz Sozialplänen müssen sich die Betroffenen auf harte Zeiten einstellen:

Berücksichtigt werden überhaupt nur diejenigen, die mindestens 52 Jahre alt sind. Sie erhalten höchstens zweieinhalb Jahre lang etwa 80 Prozent ihres letzten Nettoeinkommens. Wer nach dieser Frist keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe hat, fällt aus dem Plan heraus.

Jüngere Arbeitnehmer werden von Saarstahl an die Stahlstiftung zur Umschulung und Weiterbildung „übergeben“. Dort können sie nach Berechnungen der Saarbrücker Zeitung maximal 38 Monate bleiben. Danach müssen sich die ehemaligen Stahlkocher im joblosen Saarland nach einem neuen Broterwerb umsehen.

Großen Unmut bei den Betroffenen hat die Kürzung bereits seit Jahren bestehender Sozialpläne ausgelöst, für die Ministerpräsident Oskar Lafontaine erst kürzlich vollmundig Garantieerklärungen abgegeben hatte. Nun soll es Einkommensgrenzen geben. Außerdem werden die Zahlungen nicht mehr an die Inflationsrate angepaßt. Steuern und Abgaben müssen künftig selbst bezahlt werden.

Hinzu kommt ein mysteriöses Schreiben des Saarstahl-Zwangsverwalters an die derzeitigen Sozialplan-Bezieher, das die Betroffenen zu höheren Abgaben an die von Oskar Lafontaine zur sozialen Abfederung gegründete Stahlstiftung nötigt. Der Zwangsverwalter verlangt in seinem Brief, daß „Sie künftig auf freiwilliger Basis einen angemessen hohen Stiftungsbeitrag leisten“. Andernfalls, so die unverhohlene Drohung, stünden alle „weiteren Zahlungen an Sie“ auf dem Spiel.