: Handelsabkommen ohne Zahlen
■ USA will Haushaltsdefizit senken, Japan grundsätzlich mehr US-Waren reinlassen / Im letzten Jahr Handelsbilanzdefizit der USA von 50 Milliarden Dollar / Heute Gatt und EG-Stahlkonferenz in Genf
Tokio (AFP/taz) – Während sich Bundeskanzler Helmut Kohl und der russische Präsident Jelzin in einer Sauna am Baikalsee aalten und Absichtserklärungen austauschten, verhandelten zwei andere Teilnehmer des G-7-Gipfels noch eifrig weiter. US-Präsident Bill Clinton und Japans Noch-Ministerpräsident Kiichi Miyazawa einigten sich auf den Abschluß eines bilateralen Wirtschafts- und Handelsabkommens. Konkret wurde zwar noch nichts vereinbart, aber Clinton gab sich dennoch hochzufrieden: die zu erwartenden „greifbaren und meßbaren“ Erfolge sollten das Mißverhältnis der US-japanischen Handelsbeziehungen korrigieren.
Das zunächst auf zwei Jahre geschlossene Rahmenabkommen sieht halbjährliche Konsultationen der Regierungschefs zur Überwachung makroökonomischer und sektorieller Ziele vor. Der japanische Regierungschef weigerte sich jedoch standhaft, die Ziele oder auch einzelne Schritte konkret zu beziffern.
Japan verpflichtet sich in dem Abkommen, seine Außenhandelsüberschüsse mittelfristig deutlich zu reduzieren und vermehrt ausländische Waren und Dienstleistungen einzuführen, vornehmlich aus den USA. Hierfür sollen alle notwendigen haushalts- und finanztechnischen Maßnahmen getroffen werden. Die Vereinigten Staaten erklärten sich im Gegenzug zu einer deutlichen Senkung ihres Haushaltsdefizits und zu verstärkten Maßnahmen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit bereit. Die beiden großen Handelsmächte, deren Wirtschaftskraft zusammen rund 40 Prozent des Welthandels ausmacht, wollen sobald wie möglich regelmäßige Konsultationen beginnen.
Die US-japanischen Handelsbeziehungen waren bisher durch ein chronisches Ungleichgewicht gekennzeichnet. Im vergangenen Jahr verzeichneten die USA im Handel mit Japan ein Defizit von 50 Milliarden Dollar (umgerechnet etwa 85 Milliarden Mark).
Nicht nur durch diese US-japanische Verständigung erwarten viele längerfristig eine Belebung des Welthandels. Nach dem beim Tokio-Gipfel von den USA, der EG, Japan und Kanada gegebenen Signal für einen Zollabbau in wichtigen Industriegüter-Bereichen hoffen auch die Unterhändler bei den seit sieben Jahren laufenden Gatt-Verhandlungen auf Bewegung. Heute treffen sie sich abermals in Genf.
Und ebenfalls heute in Genf will die EG-Kommission die Stahlmanager treffen, um den Krisen-Zeitplan für den Abbau der Stahlkapazitäten um bis zu 50 Millionen Tonnen zu beraten. Aber beim Thema Stahl wird deutlich, daß es mit dem freien Welthandel nicht weit her ist. Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt bekundete zwar die Hoffnung, daß es noch in diesem Jahr zu einem Stahlabkommen zwischen USA, EG und Japan kommt. Das hier konkurrenzfähige Osteuropa aber soll draußen bleiben: „Wir können die Märkte nicht auf ganzer Linie öffnen“, so Rexrodt.
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