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„Harte Gangart“

■ Sechs Monate mit Bewährung für Flaschenwurf bei Mai-Krawallen

Ein 21jähriger Mann aus einer kleinen westdeutschen Ortschaft ist gestern vom Schöffengericht Tiergarten zu sechs Monaten Gefängnis wegen schweren Landfriedensbruchs, Widerstands gegen Polizeibeamte und versuchter gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden. Er hatte während der diesjährigen Kreuzberger Mai- Demo eine Flasche auf einen Polizisten geworfen. Da der Angeklagte jedoch bereits seit rund einem halben Jahr in U-Haft gesessen hatte, wurde die Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Der Staatsanwalt hatte 15 Monate Gefängnis beantragt, da der Staat „Flagge gegen Gewalttäter von rechts und links“ zeigen müsse.

Der Angeklagte hatte während der Verhandlung versichert, die Flasche habe nicht den Beamten, sondern eine „türkisch-maoistischen Gruppe“ treffen sollen. Vergeblich hatte sein Vater versucht, ihm die U-Haft durch eine Kaution zu ersparen. Das Amtsgericht Tiergarten hatte den 21jährigen ursprünglich von der Haft verschonen wollen, da keine Fluchtgefahr bestehe. Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen diese geplante Haftverschonung wurde jedoch von zwei Großen Strafkammern des Landgerichts gebilligt. Erst das Kammergericht verneinte die Fluchtgefahr und ordnete die Freilassung an. Der Beschluß traf so spät beim Verteidiger ein, daß die Kaution von 20.000 Mark bis Prozeßbeginn nicht gestellt werden konnte. Diese „harte Gangart“ der Staatsanwaltschaft kritisierte der Verteidiger scharf. ADN

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