Waffenexport-Hitliste

■ USA führend / Bericht des Kongresses

Washington/Berlin (AP/AFP/ taz) – Die Vereinigten Staaten waren im Jahr 1992 auf dem Weltmarkt mit Waffen und anderen Rüstungsgütern führend. Nach dem vom Forschungsdienst des Washingtoner Kongresses am Dienstag veröffentlichten Jahresbericht steigerten sie ihren Anteil an internationalen Waffenverkäufen auf 57 Prozent gegenüber 49 Prozent im Vorjahr.

Wertmäßig fielen allerdings die Einnahmen der USA aus dem Rüstungsgeschäft auf 13,6 Milliarden Dollar (rund 23,2 Millionen Mark) gegenüber 14 Milliarden Dollar im Jahr zuvor. 90 Prozent des US-Rüstungsgeschäfts umfaßten im vorigen Jahr allein die Lieferungsverträge an Taiwan, Saudi-Arabien und Kuwait.

Frankreich behauptete mit einer Steigerung seiner Rüstungsverkäufe von 2,8 auf 3,8 Milliarden Dollar den zweiten Platz vor Großbritannien. An vierter Stelle liegt Rußland, dessen Rüstungseinnahmen durch die Einstellung militärischer Hilfsprogramme für Kuba, Vietnam und Syrien von 5,9 Milliarden Dollar im Jahr 1991 auf nur 1,3 Milliarden 1992 erheblich zurückgingen. Auf fünfter Position liegt China.

Die Waffenverkäufe an die sogenannte Dritte Welt sanken im vergangenen Jahr insgesamt um 20 Prozent. Die Länder der „Dritten Welt“ kauften für 23,9 Milliarden Dollar Waffen. Der Nahe Osten ist mit einem Anteil von 38 Prozent der größte Waffenmarkt.

Obwohl die USA durch ihre Waffenausfuhr im letzten Jahr etwa zehn Mal soviel verdienten wie Rußland, äußerte die Regierung in Washington wiederholt „Besorgnis“ über die russischen Waffenexporte. So erklärte sich die russische Regierung am vergangenen Freitag auf Druck der USA bereit, auf den Verkauf von Raketentriebwerken und Waffentechnologie an Indien zu verzichten. Für Rußland platzte damit ein Geschäft von 350 Milliarden Dollar. Der russische Parlamentspräsident Russlan Chasbulatov nannte die Aufkündigung gestern eine „nationale Schande“.

Aber auch gegenüber China ist die USA bemüht, ihre Vormachtstellung zu beweisen. Washington droht mit Wirtschaftssanktionen, falls sich Informationen bestätigen sollten, daß Peking weitreichende und vermutlich mit Nuklearwaffen ausrüstbare Raketen an Pakistan verkauft hat. Außenminister Christopher informierte seinem chinesischen Amtskollegen Qian Chichen am Sonntag in Singapur über die Haltung der US-Regierung. Das US-Außenministeriums erklärte unterdessen, die Geheimdienste hätten noch nicht endgültig geklärt, ob China die M-11-Raketen mit einer Reichweite von über 450 Kilometern nach Islamabad geliefert habe.

In Washington selbst neigt man unterdessen zur Aufgabe eigener Exportbeschränkungen. Entgegen den Empfehlungen des US-Außenministeriums hat sich der Senatsausschuß für auswärtige Beziehungen für ein Ende der Beschränkungen von Waffenlieferungen an Taiwan ausgesprochen. Sollte der Senat in Washington dem Votum folgen – was auch aus Gründen der Arbeitsplatzbeschaffung wahrscheinlich ist – könnten die USA nach Einschätzung von Rüstungsfachleuten Hunderte Millionen Dollar mit zusätzlichen Waffengeschäften verdienen. kim