Rühe bei Einsatz in Somalia verletzt

■ Deutsche Kollegen dennoch unbesorgt über die Vorgänge in den befriedeten Gebieten

Berlin (AFP/dpa/taz) – „My name is Volker Rühe. We help you.“ So sprach der ehemalige Englischlehrer Volker Rühe (CDU) zu Somalis am Straßenrand, als er am Sonntag seinen zweitägigen Besuch bei den deutschen Soldaten in Belet Huen begann. Danach, teilen in bester Frontberichterstattungsmanier die Nachrichtenagenturen mit, gab es einen Zwischenfall: Rühe hatte kurz nach seiner Ankunft einen Rundgang durch das Camp gemacht und sich zufrieden darüber geäußert, daß „alles so gut klappt und gut organisiert ist“. Beim Betreten des Lagers war der Minister gestolpert und zu Boden gefallen. Dabei erlitt er am rechten Arm leichte Hautabschürfungen. „Macht nichts“, meinte Rühe zu den besorgten Offizieren.“ (dpa)

Der Verteidigungsminister empfing am Nachmittag den ersten Teil des Bundeswehr-Konvois, der am Samstag in Mogadischu aufgebrochen war. Insgesamt werden 250 Soldaten des deutschen Hauptkontingents für die UNOSOM-Truppen mit 113 Fahrzeugen sowie einem Feldlazarett in Belet Huen erwartet.

Vor allem das Feldlazarett scheint die Phantasie unserer Politiker zu beschäftigen. So wirft der SPD-Vorsitzende Rudolf Scharping der Bundesregierung vor, die Situation für die Bundeswehrsoldaten in Somalia falsch dargestellt zu haben: Es zeige sich nun, daß es für die deutschen Soldaten ein konkretes Lebens- und Gesundheitsrisiko gebe. Bundeskanzler Helmut Kohl will infolgedessen nach seinem Sommerurlaub mit Scharping über Kompromisse in der Frage von Bundeswehreinsätzen beraten: Die Bundeswehr wird sich nach seinem Willen auch bei verschärfter militärischer Lage in Somalia nicht aus dem Land zurückziehen. Der Bild am Sonntag nach gab Kohl in Telefonaten seinen Amtskollegen Carlo Ciampi in Rom, John Major in London und Jean- Luc Dehaene in Brüssel eine entsprechende Zusicherung.

Auch Außenminister Klaus Kinkel (FDP) hat davor gewarnt, einen Ausstieg der Deutschen aus der Somalia-Mission der UNO „herbeizureden“. Die UNO habe Deutschland einen „Spezialzuschnitt“ für ihren Einsatz in dem Bürgerkriegsland gemacht. Damit hätten die Deutschen eine Verantwortung übernommen, zu der sie auch stehen müßten, „wenn es mit unserer Verfassung und unserer Fürsorgepflicht für unsere Soldaten vereinbar ist“.

Der „Versuch des Reinwachsens in Mitverantwortung in der Welt“ hieß es im beliebten Kinkel-Deutsch, sollte in Ruhe vorgenommen werden, auch wenn er nicht gefahrlos wie die häufig zitierte Fußgängerzone sei. Man müsse den Vereinten Nationen in Somalia „erst einmal eine Chance einräumen“.

Der FDP-Chef wiederholte seinen Vorschlag, Kampfeinsätze im UN-Auftrag von einer Zweidrittelmehrheit im Bundestag abhängig zu machen, um die Zustimmung der SPD zu einer Grundgesetzänderung zu erreichen. Es sei im Augenblick wichtiger, „daß wir außenpolitisch handlungsfähig werden und sozusagen diesen Nachteil hinnehmen, als daß wir womöglich bis Mitte nächsten Jahres warten, bis endlich vielleicht das Bundesverfassungsgericht entscheidet“.

Tagesthema Seite 3