Übermütig magisch

■ „Ye'ou“ von Germaine Acogny beim Sommertheater

Eine Frau kauert regungslos am Boden. Leises Trommeln erweckt die in Weiß gehüllte Gestalt, läßt sie für einen Moment ihr Gesicht zum Publikum wenden. Sofort ist sie wieder in sich selbst vertieft, probiert den sanften Rhythmus am Körper aus, auf den Knien, auf der Brust, am Kopf. Sie richtet sich auf, stampft, kreiert ihren eigenen Rhythmus.

Was sich dann in dem Stück Ye'ou (“Das Erwachen“) abspielt, ist ein fesselnder Dialog zwischen der Tänzerin Germaine Acogny und dem Percussionisten Arona N'Diaye aus Senegal, die ihre Produktion beim Sommertheater auf Kampnagel zeigen. Der Trommler neckt die Tänzerin, diese tastet sich zögernd an sein Spiel heran. Er nähert sich ihr, sie weicht zurück, stoppt ihn durch einen Schlag auf die Trommel. Wie ein übermütiges Kind bewegt sie sich zur Musik, ist im nächsten Moment eine luftspringende Solistin und dann wieder die Ruhe selbst.

Germaine Acogny und Arona N'Diaye arbeiten mit Unterbrechungen schon seit 1972 zusammen. Die Senegalesin widmet sich seitdem ihrer eigenen Version des „Danse Africaine“. „Wir können den afrikanischen Tanz nicht als Museumskultur behandeln, er muß sich weiterentwickeln“, formuliert Acognys ihren Leitsatz.

Zwar stützt sie sich auf die rituellen Überlieferungen, aber durch das Wechselspiel mit Bewegungsmustern des europäischen Tanzrepertoires erweckt sie traditionelle Bilder zu neuem Leben: So stellt sie Verbindungen zur Natur her, lockt das Licht und den Tag hervor, freut sich am plätschernden Wasser.

Germaine Acogny ist nicht das, was man als graziös bezeichnet. Stattdessen spricht aus jeder ihrer Bewegungen eine majestätische Eleganz. Ihre Bewegungen sind konzentriert, wirken eher verhalten als ekstatisch und werden teilweise sofort widerrufen.

Die Dynamik ihres Tanzes ist nicht ausgreifend, Germaine Acogny erschließt sich den Bühnenraum eher punktuell und meistens mit viel Ruhe.

Aber sie kann auch anders, kann sich in eine betörende Magierin verwandeln, von der dämonische Kräfte auszugehen scheinen, die dem mitteleuropäischen Publikum Schauer über den Rücken jagen.

Birgit Maaß

Noch Freitag 21 Uhr und Samstag, 19.30 Uhr, Halle 2