: Zögerliche Umarmung mit Washington
■ USA und Ukraine unterzeichnen Kooperationsvertrag / Pentagon verspricht 175 Millionen Dollar für Abrüstung
Moskau (taz) – Im Pentagon unterschrieben Kiews Verteidigungsminister Konstantin Morosow und sein amerikanischer Amtskollege ein Abkommen über militärische Kooperation. Der Umfang der vereinbarten Zusammenarbeit nimmt sich allerdings dürftig aus. Trotz allem wertet Kiew den Vertrag als einen bescheidenen Etappensieg. Denn seit dem Zerfall der UdSSR bemühte sich die Ukraine händeringend um engere Kontakte zu den USA. Washington behandelte Kiew stiefmütterlich. Im Vordergrund des amerikanischen Interesses standen die verbesserten Beziehungen zu Moskau.
Das Abkommen umfaßt keine Sicherheitsgarantien, die das ukrainische Parlament zur Vorbedingung gemacht hatte, um sich endgültig von den 1.600 nuklearen Sprengköpfen zu trennen, die noch auf ihrem Territorium lagern. Bisher hat das Parlament den Start-I- Vertrag nicht ratifiziert, womit auch der zwischen Washington und Moskau längst vereinbarte Start-II- Vertrag nicht in Kraft treten kann.
Washington sicherte der Ukraine eine Ausweitung der Kontakte auf militärischer Ebene zu. Gleichzeitig versprach es, bei der Verbesserung ihrer Sicherheit gegenüber Nachbarstaaten behilflich zu sein.
Seit langem argwöhnt die Ukraine, das amerikanische Engagement sei nur auf die Unterschrift Kiews unter den Nuklear-Nichtverbreitungspakt angelegt. Sobald sie einwillige, erlahme auch das Interesse der USA. Im September werden die USA und Rußland ebenfalls ein Abkommen schließen, dessen Vereinbarungen die Kiewer bei weitem übersteigen sollen. Außer Sicherheitsgarantien hatte die Ukraine zwei Milliarden Dollar Abrüstungshilfe verlangt. 175 Millionen, hieß es im Pentagon, könnten demnächst gezahlt werden.
Die Angst vor dem mächtigen russischen Nachbarn ist in der Ukraine weit verbreitet. Eine kürzlich vorgelegte Studie zeigte, 36 Prozent der Bevölkerung befürworten den Status einer eigenen Nuklearmacht. Noch vor einem Jahr waren es lediglich 18 Prozent. Doch aufhorchen läßt: Von den 50 Prozent Befürwortern eines nuklearfreien Landes meinten allein 90 Prozent, man solle erst dann auf die Missiles verzichten, wenn klare Garantien der USA und Rußlands vorlägen und finanzielle Hilfe geleistet würde.
Garantien liegen bis heute nicht vor. Präsident Krawtschuks Ansinnen, eine „Zone für Sicherheit und Stabilität“ in Mittel- und Osteuropa zu etablieren und darüber hinaus „klare Vernetzungen mit der Nato“ zu schaffen, stießen nicht auf Gegenliebe. Hinter derartigen Konzepten tritt die Abgrenzung gegenüber Rußland deutlich zutage. Eine Verprellung Rußlands kann nicht im Interesse des Westens sein.
Manchmal mag man in Kiew auch die Englein im Himmel singen hören. Jelzin und sein liberaler Außenminister Kozyrew haben an der Integrität der ukrainischen Grenzen keine Zweifel aufkommen lassen. Bedenken schüren die nationalistischen und chauvinistsichen Kreise Moskaus, deren Rückkehr an die Macht die Ukraine befürchtet.
Zu ihnen gehören auch Vizepräsident Ruzkoi, der sich über imperialistische Sprüche zu profilieren sucht. Wenn Moskaus Botschafter in Kiew im privaten Gespräch geäußert haben soll, die Unabhängigkeit der Ukraine sei ein vorübergehendes Phänomen von höchstens 18monatiger Dauer, so wertet man das in Kiew zu Recht nicht als eine vertrauensbildende Maßnahme. Klaus-Helge Donath
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