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Ägyptens Islamisten: Kampagne für Bosnien

■ Solidaritätskomitee warnt vor Geschäften mit Serbien und Kroatien

Kairo (taz) – „Boykottiere ein Produkt und rette einen Muslim“, heißt die neueste Kampagne der ägyptischen Islamisten zur Unterstützung der Muslime in Bosnien. Ein vor kurzem gegründetes „Solidaritätskomitee für das Volk in Bosnien-Herzegowina“ trat diese Woche mit einer „Warnungsanzeige“ an die Öffentlichkeit. Darin fordert das Komitee alle Geschäftsleute und Importeure auf, innerhalb eines Monats ihre Transaktionen mit Serben und Kroaten zu beenden. Ansonsten würden die Firmen auf einer Art „schwarzer Liste“ derjenigen Firmen und Büros gesetzt werden, die mit den „Aggressoren“ Geschäfte machen.

Daneben organisierten die Islamisten Protestaktionen vor einigen Botschaften in Kairo. Mehrere hundert Menschen demonstrierten am Montag vor der jugoslawischen Botschaft. An die britische und US-amerikanische Botschaft wurden Protestschreiben überreicht, in denen die Aufhebung des Waffenembargos gegen Bosnien und der „Einsatz von Gewalt gegen die serbische Aggression“ gefordert wurden. In einem Brief an Präsident Mitterrand sprachen die Islamisten von einer „beschämenden Politik Frankreichs im früheren Jugoslawien“. Ganz andere Töne wurden dagegen bei der deutschen Botschaft angeschlagen. In einem Schreiben an Bundeskanzler Kohl dankten ihm die Islamisten dafür, daß er beim letzten EG-Gipfeltreffen in Kopenhagen als einziger die Aufhebung des Waffenembargos gegen Bosnien gefordert hatte.

Dem Komitee gehören einige namhafte moderate Islamisten an, wie der Autor Fahmi Huweidi, der islamische Rechtsgelehrte Scheich Ghazali und Ibrahim Schukri, der Vorsitzende der mit den Muslimbrüdern koalierenden „Partei der Arbeit“.

Bereits letztes Jahr konzentrierten sich die ägyptischen Islamisten auf das Thema Bosnien. Vor allem in den von ihnen kontrollierten Berufsverbänden, wie etwa dem Ärzteverband, sammelten sie mehr als fünf Millionen Dollar, um Ärzte und Ausrüstung nach Bosnien zu schicken. Der Regierung wurden diese Sammelaktionen suspekt, zumal sie Angst hatte, daß die Islamisten das Thema Bosnien zu sehr an sich gerissen hatten und damit die Sympathie der ägyptischen Bevölkerung monopolisierten. Zu Beginn letzten Jahres erließ das von der Regierungspartei beherrschte Parlament ein Gesetz, das den Berufsverbänden verbot, Geld zu sammeln, außer für direkte Verbands-Zwecke.

Der Konflikt zwischen dem neuerlich gegründeten Solidaritätskomitee und der Regierung war absehbar: In der Mittelmeerstadt Danietta kam es vor zwei Wochen während einer Solidaritätsdemonstration für Bosnien zu gewalttätigen Ausschreitungen zwischen Demonstranten und Polizei. 106 Personen wurden festgenommen. Karim El-Gawhary

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