: Vier Spieler, vier Nationen, ein Team
■ Die „Berlin Hoshis“ kommen aus Luxemburg, Schottland, der Türkei und Deutschland
Die vier sehen auf den ersten Blick fast gleich aus: Wuchtige schwarze Basketballstiefel an den Füßen, dazu knielange Schlabberhosen und graue oder schwarze T-Shirts Größe XXL am Körper. Einer trägt eine dunkle Baseballmütze, mit dem Schirm nach hinten. Für den anstehenden Fototermin hat sich der Streetball-Veranstalter adidas nicht lumpen lassen, das Team ist völlig neu eingekleidet. Die vier nennen sich die „Berlin Hoshis“ – „Hoshis“, so sagt Pascal Collé, der Kleinste der Truppe, „Hoshis, das sind richtige Kerle.“
760 Teams haben sich zum adidas Streetball Challenge 1993 in Berlin angemeldet. 35 davon sind sogenannte Multi-Nationen- Teams. Das bedeutet, daß die jeweils vier Spieler oder Spielerinnen vier verschiedene Nationalitäten haben müssen. Dafür werden sie mit einem Überraschungspreis belohnt. So kommen an diesem Wochenende Spieler aus 65 unterschiedlichen Nationen zusammen. Auch die „Berlin Hoshis“ sind ein solches Multi-Nationen-Team. Neben dem Luxemburger Pascal spielen dort der Schotte Mark Vogel, der Deutsche Christian Kahlert und der Türke Tarik Uzuner. Die vier sind zwischen 18 und 19 Jahren alt, besuchen gemeinsam die Spandauer Bertolt-Brecht- Oberschule. Dort sind sie auch über den Schulsport zum Basketball gekommen.
Wie ihre Chancen an diesem Wochenende stehen, können sie nur schwer beurteilen, doch sie halten sich für nicht schlecht. Dabei spielen nur zwei von ihnen schon länger Basketball, die andern beiden sind eigentlich Fußballer. Feste Trainingszeiten gibt es denn auch nicht, so wenig wie einen festen Platz. Doch das liegt nicht nur an der lockeren Art. Christian, mit 1.88 Meter nur Zweitgrößter der „Hoshis“, beklagt sich über die Spielmöglichkeiten in Berlin: „Es gibt einfach nicht genug Plätze. Und die Körbe halten meist nicht lange.“
Das Spielen im Verein reizt keinen der „Hoshis“. Christian, der in seinem Team der Spezialist für den Spielaufbau ist, behauptet: „Streetball kann man nicht im Verein spielen.“ Und der von seinen Teamkameraden als „Kämpfer“ bezeichnete Mark nennt den größten Nachteil von Basketballvereinen: „Da sind zwar gute Plätze und Körbe vorhanden, aber mehr auch nicht. Im Verein ist man so gebunden, muß regelmäßig trainieren. Wenn man mal keinen Bock hat, sitzt man beim nächsten Punktspiel auf der Bank.“ Mark, der mit 1.90 Meter Größte des Teams, hat sogar schon beim Bezirksamt nach einem Basketball-Platz in der Halle nachgefragt. Doch dort hieß es, Hallen bekämen, wenn überhaupt, nur Vereine.
Die miese Platzsituation für unorganisierte Basketballer, so hofft Christian, könnte sich durch das Streetball-Spektakel am Olympiastadion bessern. Seiner Ansicht nach wird um Streetball zuviel Aufhebens gemacht, „aber vielleicht werden dadurch die richtigen Leute aufmerksam und es werden mehr Plätze gebaut.“ Den Erfolg des Streetballs können sich die vier auch nicht richtig erklären. Pascal, Defense-Spezialist, also besonders für die Verteidigung zuständig, sagt: „Wir spielen gerne Basketball, und wenn man zu sechst oder acht ist, dann ist das Spielen auf einen Korb einfach unkomplizierter. Außerdem ist es draußen einfach besser, nicht nur das Spielen, sondern überhaupt.“ Er glaubt, daß adidas eine Marktlücke erkannt hat und ist froh darüber: „Sonst gäbe es so ein Turnier nicht, und wir könnten uns nicht mit anderen messen.“
Einem Klischee, das adidas gerne pflegt, entsprechen die vier Abiturienten dabei allerdings nicht: Mit der vom Sponsor bei allen Gelegenheiten eingesetzten HipHop-Musik können sie alle nichts anfangen. Pascal steht mehr auf Punk und, ebenso wie die anderen, auf Pop. Über Mitspieler Tarik sagt er: „Der hört, glaub' ich, noch Härteres als Punk.“ bö
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